Marokko 2008

Marokko `08

Auf den Fersen einer Rallye!

Freitag16.05.2008, 0530 Uhr

Bin wieder zu Hause!
Am Anfang, als mich die Leute gefragt haben, ob ich das wiederholen würde, meinte ich, nicht mehr so schnell nach Marokko zu wollen.
Die Reise war wirklich toll. Wir waren ein super Team. Alles hat gepasst.
Der Dreck, die mangelnde Hygiene, die bettelnden Leute und die extrem lange Überfahrt, schrecken mich ab, all dies nochmals über mich ergehen zu lassen. Im Grossen und Ganzen, hat es mir aber wirklich gefallen.
Heute sehne ich mich bereits wieder nach der Zeit, in der wir alle zusammen das gemacht haben, was uns verbindet, das Motorradfahren. Ich vermisse die Stunden zu Tisch, in denen wir den Tag „Revue passieren“ liessen, ich habe Sehnsucht nach der tollen Freundschaft, die sich ergeben hat, nach den netten Bekanntschaften, die wir erleben durften.
Wir hatten einfach zuwenig Zeit!!!

Ich werde sentimental, das drückt mir aufs Gemüht!

Kurz nach dem Trip habe ich meine ADV zum Freundlichen gebracht. Inspektion nach der
Wüste. Sie wird minutiös durchgekuckt, so eine Art „Wellness“ für Motorräder. Das hat sie auch verdient. Es waren gute 3500km, die wir auf unserer teils recht anspruchsvollen Reise zurückgelegt haben
Das Lenkkopflager muss gewechselt werden. Ich habe es wohl an der Westküste auf den mit Schlaglöchern versehenen Strassen geschlissen. Wir sind da bei Casablanca und Rabat nahe den Gettos vorbei gefahren. Das war vielleicht ein trauriges Bild. Die
Strassen waren Teilweise nicht vorhanden. Auf einmal war da wieder Sand, den wir bezwingen mussten, hatten das aber nicht schlecht im Griff…..
…..Dazu aber später!

Samstag 26.04.2008, 465km

0330 Uhr, Abfahrt von zu Hause, das Abenteuer beginnt!
Ronald und ich treffen uns 0400 Uhr bei der Raststätte Ruderbach in St. Margreten auf der Strecke in Richtung Tessin, Italien. Ein kurzes Hallo und los geht es. Die immer niedrig werdende Temperatur bis zum Tunell St. Bernhardino und auch noch danach, die langwierige Etappe im Dunkeln und die Aufregung auf das Ungewisse machen uns stark zu schaffen. So verweilen wir in Lostallo, beim ersten Tankstopp und Kaffee, länger als gedacht. Draussen rollen noch zwei Enduros an, eine Honda Dominator und eine Moto Guzzi Quota. Ob die vielleicht auch nach Marokko wollen. Zu unserem Erstaunen haben Josef (in Rente) und Peter (der erst in zwei Jahren pensioniert wird, sonst aber viel Zeit hat) wirklich das gleiche Ziel, den Hafen von Genua, die Fähre nach Marokko! Eine nicht ganz einfaches Unterfangen, wie sich später herausstellte. Bereits bei Mailand verpasse ich eine Ausfahrt, dank meiner Unaufmerksamkeit. Zu spät habe ich auf das GPS Gerät geschaut und schon war es geschehen. also umdrehen. So haben wir unsere Begleiter leider kurzfristig aus dem Rückspiegel verloren. Vor der Mautstelle Genuas dann der erste Stau. Locker schlängle ich an der Blechlawine vorbei, dann abermals die Ausfahrt verpasst, wieder zu spät auf das GPS geachtet. Also ab ins Gewühl. Mittagsverkehr am Wochenende in der Hafenstadt Genua, dabei noch ein Unfall, volles Programm also. Nicht genug! Nach etlichem Anfahren und Abbremsen, durchmogeln und vordrängeln, wieder verfahren. Kommt erschwerend dazu, dass unser Team noch entzweit. Na bravo! Was nun! Die schlauste Idee, ab zum Hafen, dort muss mein Kollege doch auch hin. Den „Porto “ wird er bestimmt finden.
1Da angekommen, sofort eine SMS über meinen Standort an den Verlorenen. Dann ging die Warterei los. Ich werde Zeuge kurioser Bilder da an dem Hafen. Die Lastwagen stehen in Reih und Glied, Zöllner schleichen von Truck zu Truck und blättern in deren Formulare herum. Einer eilt mit einer Schlossbrecherzange herbei und macht sich damit an einem Hänger zu schaffen. Anscheinend hat der Besitzer des Lasters den Schlüssel fürs Schloss verloren. Von weitem höre ich ein fremdes Geräusch. Es klappert und schlägt etwas metalliges immer wieder auf dem Asphalt auf. Das Handy machte sich bemerkbar. Mein Kumpel meldet – bin am anderen Ende der Stadt, habe mich Richtung Flughafen gehalten. Jetzt stehe ich abermals vor einer Mautstelle und mir geht langsam der Sprit aus. Was soll ich machen – Wir finden eine Lösung!
2In der Zwischenzeit sehe ich auch, was das mir so fremde Geräusch ist. Es sind vier Männer, die einen grossen Kastenwagen schieben, an dem der Auspuff herunterhängt, auf dem Boden schleift und sich immer mal wieder in den Unebenheiten der Strasse verfängt. Das Gewicht des bis unter und über das Dach gefüllten Transporters ist so hoch, dass es diesen nicht stört und er den Auspuff einfach wieder frei zerrt. So etwas gibt es wohl nur hier.

Einige lange Minuten später trifft mein Partner dann auch unversehrt ein, sichtlich erleichtert darüber, dass er nun endlich am Hafen ist und mich wieder gefunden hat. Wir fahren zur Abfertigung, die auch noch mit einigen Schikanen auf uns wartet. Der erste Schritt ging recht flott – Einfahrt durch den Check In – dann so schnell wie möglich zum Schiff. Dort sind auch schon Josef und Peter. Sie nehmen uns herzlich in Empfang. Wir haben dabei total vergessen, dass da noch eine Zollabfertigung ist, werden also vom Einweiser, der da unauffällig als Zivilist vor der Fähre herum lungerte, freundlich darauf hingewiesen, dies doch noch zu erledigen. Die Zeit drängt! Peter erklärt uns kurz, wo das ist und was wir da zu tun haben. Wir eilen zur besagten Amtsstelle, holen uns das Nötigste und stürmen zurück. Endlich lässt man uns an Board.

3Wir platzieren unsere Motorräder und versuchen auf Deck 4zu gehen.Das ganze Schiff ist vollgeparkt mit hauptsächlich weissen, ab und zu einigen roten und dazwischen auch vereinzelt blauen Transportern, die bestimmt jeden Übergewichtstest nicht bestehen würden. Wir versuchen ein Durchkommen in jeder nur erdenklichen Pose. Die Tortour ist in einem mal nicht zu bewerkstelligen. So quetschen wir uns mehrere Male durch das blecherne Hindernis. Endlich gelingt es uns dann auch, an der Rezeption zu erscheinen und unseren Kabinenschlüssel in Empfang zu nehmen. Die Fähre legt ab.

Sonntag 27.04.2008, auf See

Langweilig?!
So ein Tag auf einem Schiff kann einem schon ganz lange vorkommen. Und doch gibt es da so manches zu berichten. Zum einen haben wir herausgefunden, dass Essen und Trinken im Ticketpreis inbegriffen sind. Eine doch wichtige Erkenntnis. Zum anderen gibt es auch Zollabfertigung on Board. Wenn man von Anfang an am richtigen Stauende ansteht, kann man sich einiges an Zeit ersparen. Gut, man hat davon ja eh genug, theoretisch 48Stunden.
So gönnt man sich dann halt den Luxus vom Falschanstehen! Das soll belohnt werden. Wir machen eine ganz nette Bekanntschaft. Ein deutsches „Land Rover Pärchen“ hilft uns, den schnellsten, richtigen Ablauf zu tätigen. Sie haben alles schon hinter sich und stellen sich trotzdem solidarisch wieder mit uns an, um uns Gesellschaft und Unterstützung zu leisten. Wir wissen es zu schätzen. Nur wenig Touristen sind auf dem alten Kahn. Die meisten Passagiere sind Berber und Araber, gekleidet in ihrer traditionellen „Verhüllung“. Die Männer tragen ein bis zum Boden reichendes, langes Hemd und die Frauen ihr Kopftuch und lange Kleider. Das benehmen ist für unsere Verhältnisse sehr gewöhnungsbedürftig. Sie drängeln sich vor und fordern lautstark ihr Anliegen. Die Körperbeherrschung lässt bei einigen auch zu wünschen übrig. So spuckt zum Beispiel einer, wie selbstverständlich, seinen zuvor hochgezogenen Naseninhalt auf den Flurteppich. Na dann, prost!
Ab an die vermeintlich frische Luft, nach draussen aufs Deck.5

Wir sitzen so da, lassen es gemütlich sein und diskutieren über Gott und die Welt. Mit Entsetzten muss ich feststellen, dass plötzlich überall auf meinen Kleidungsstücken kleine, schwarze Punkte sind. Von wo kommt das her? Das ist Russ. Russ aus den zwei Schloten, die da mächtig vor sich hin qualmen. Russpatikelfilter, Fehlanzeige! Die Fähre verkehrt mehrmals im Jahr dieselbe Strecke! Wir lernen schnell! Dem Thema Umweltschutz wird auf marrokanischem Hoheitsgebiet wenig Beachtung geschenkt.

 

 

Samstag 28.04.2008

Verspätung !
6Die Nacht war doch angenehmer als die vorherige. Gestern mussten wir unerwartet die Kabine wechseln. Das Klo hat sich verabschiedet. Das war dann der Anlass, uns in ein anderes Abteil zu verlegen. Wir haben ein Zimmer mit Seesicht bekommen. Es ist auch grösser und nicht direkt unter der Tanzfläche der Bar, somit auch ein ganzes Stück leiser als der Museumsschlupf der letzten Nacht. Museum darum, weil sich da jahrhundert alter Dreck angesammelt hat. Im Vergleich zu der „Guantanamo-Zelle“, ist das neue beinahe wie ein Zimmer im Hilten. Und sie könnten es doch, die Marrokaner.
Für Kathrin und Frank (die Ländi-Driver) bahnt sich eine mittlere Katastrophe an. Sie bekommen beinahe ihr erstes Kind. immer mehr weicht unsere praktische Ankunftszeit von der theoretischen ab. Dass wir eine Verspätung, Angesichts der maximalen Höchstgeschwindigkeit unseres Kutters von 32km/h in kauf nehmen müssen, ist uns schon klar, dass das aber gegen fünf Stunden sein werden, haben wir nicht angenommen, sind ebenfalls überrascht. Für uns ändert sich der Fahrplan also auch. Wir müssen uns damit abfinden, dass ein erster Übernachtungsort, im für uns unbekannten Land, doch eher nach kürzerer Strecke angesteuert werden muss und das bei Dunkelheit. Aufgrund dessen entschliessen wir uns, mit Frank und Kathrin den gleichen Zeltplatz aufzusuchen. Gemeinsam sind wir stärker, falls wir in eine kritische Situation gelangen sollten. Sie geben uns die Koordinaten. Wir verständigen unseren bereits wartenden Kollegen mittels SMS. Aus den Boardlautsprechern ertönt eine nette Damenstimme. Wie schon andere Male zuvor, können wir an Hand der Reaktionen der anderen Passagiere nur erahnen, was diese Stimme sagt. Offenbar bedeutet es, dass wir bald am Ziel unserer Träume angelangt sind, dementsprechend die nötigen Vorkehrungen treffen sollten, sprich, Zimmer räumen und anstehen beim Abgang zu unseren Gefährten. Wir können es kaum erwarten. Draussen beginnt die Nacht. Das Ausladen erweisst sich für uns als sehr speditiv. In einer knappen Viertelstunde sind wir aus dem Schiff, durch den Zoll und im lang ersehnten Land. Doch wo sind unsere Freunde. Anscheinend müssen die Autos eine andere Stelle passieren. Wie wir später von unseren vierrädrigen Begleitern erfahren, dauerte ihr Leidensweg bis zur Abfertigung, wegen den masslos überladenen Transportern bis zwei Stunden. Ich kann mir vorstellen, wie genervt Kathrin und Frank deswegen gewesen sind. Nichts ahnend wegen der Umstände setzen Ronald und ich unseren Plan um. Zuerst brauchen wir Bargeld in der Landeswährung, dann unbedingt einen gefüllten Tank und nichts wie weg aus der Stadt. Zu unserem Erstaunen nehmen die Verkehrsteilnehmer doch recht Rücksicht auf uns.

Wir finden schnell zur Hauptstrasse nach Matil 56km,
kommen flott voran, haben gerade einen kleinen Pass überquert, da wird die Fahrbahn urplötzlich enorm glitschig. Behutsam versuche ich doch einwenig zu bremsen. Just in dem Moment, als ich mich ohnmächtig über den Asphalt schlittern sehe, fliegen auch schon die Funken in meinem Rückspiegel. Mein Partner kann seine Maschine nicht mehr kontrollieren und gibt sein Debue im Rodeoreiten. Viel später komme ich mit meiner Fuhre zum stehen, möchte schnellst möglich zum Gestürzten um Hilfe zu leisten. Die Strasse ist auch zu Fuss kaum normal zu betreten. Am Strassenrand, wo Kies liegt, funktioniert es besser. Ronald geht es gut. Er steht schon wieder und will sein Motorrad aufheben. Das übernehme ich für ihn. Der Schock steckt ihm noch in den Knochen. Er soll sich zuerst fassen und sicher sein, dass er wohlauf ist. Alles in Ordnung?! Einige Minuten später setzen wir unsere Reise fort. Nach ein paar Kilometern sind wir wieder ganz die alten.
Stetige Zollkontrollen vor und nach den Städten verzögern das fliessende Vorankommen. Und auf einmal!
Mein Kollege lässt seine Honda auslaufen. Das alte Problem macht sich bemerkbar. Sie verweigert ihren Dienst. Die Elektrik streikt. Um nicht zuviel Zeit verlieren, schleppe ich die havarierte 10Kilometer hinter mir her. Endlich sind wir in Matil angekommen. Nach einer kurzen Suchaktion erreichen wir den Campingplatz dann auch endlich. Wir sind lange im Dunkeln gefahren und haben für die ersten 56km in Marokko doch schon einiges durchgemacht. Jetzt nur noch das Zelt aufschlagen, duschen und dann ab in die Heia, vorher noch ein Gang zur Toilette. Da höre ich einen Dieselmotor. Das müssen Frank und Kathrin sein. Schleunigst eile ich zum Tor des Campings, der eigentlich schon geschlossen hat. Ich mache den Wärtern klar, dass das unsere Freunde sind, die Verspätung haben. Man soll doch bitte das Tor öffnen und sie hereinlassen. Mir wird Folge geleistet.
Sonntag 29.04.2008, 130km

Wieder vereint.
7Die Ländi Familie ladet und zum Morgenessen ein. Dabei lassen wir die gestrige Nacht beim Gespräch nochmals aufleben: Verschiedenste Geräusche halten uns immer wieder vom Schlafen ab. Hunde, Vögel, Esel, Katzen beinahe wie im Zoo machen sich Tiere der Umgebung lautstark bemerkbar, fast als wollten sie uns begrüssen. Der Gipfel der Ruhestörung war der „Fliegeralarm“. Um 0400 Uhr Nachts schreien die Muezzins die Gegend zusammen, als hätten sie sich mit einem Schmiedehammer auf die Finger geschlagen. Das ist ein Wecker der ungewöhnlichen Art, aber immer wieder wirkungsvoll.
Nach dem Morgenessen müssen wir uns von unseren netten Begleitern verabschieden. Wir tauschen noch Handynummern und Koordinaten. Eibischen wehmütig ziehen sie von dannen, überlassen uns aber noch Einweghandschuhe, die uns bei einer kleinen Sache noch behilflich sein sollen. Ronalds Maschine muss zuerst mal wieder Laute von sich geben, ehe wir auch weiter reisen können.

8Während mein Kollege versucht die Honda wieder zum Leben zu erwecken, schildere ich anderen Nachbarn, die vor uns auf dem Zeltplatz waren, bei unserer Ankunft aber schon in ihrem WV schliefen, das Problem. Der bärtige Besitzer stellt uns seine Werkzeugkiste mit allerlei Nötigem zur Verfügung. Nach gut zwei Stunden springt das Motorrad wieder an. Bis dahin habe ich kurz noch Ronalds zerrissene Hose zusammengenäht und informiere den dritten Teamkollegen über unseren Verbleib und die daraus resultierende Verspätung, wollen uns also entgegen fahren. Es kann weitergehen. Alles ist bepackt. Wir rollen los, Richtung Bou Ham der Küste entlang!

Erneut sind wir verwundert wegen der „schlechten“ Strassenverhältnisse. Der Asphalt ist teils aufgerissen, teils fehlt er ganz oder ist versetzt. Auf der Karte sieht alles so hauptsrassenmässig aus. In der Realität kommt es dem nahe, weswegen wir auch nach Marokko gekommen sind. Natürlich ist das nur ein Teil des gesuchten.

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Das Land versucht zu wachsen und sich Europa anzupassen. So wird gebaut was das Zeugs hält.
1011Die Aussicht ist bombastisch, unglaublich und erweckt tiefe Gefühle in uns.
Die Strasse führt geschlängelt der blauen
Meerespracht entlang. So kurvig und hügelig haben wir uns das nicht vorgestellt.
Wir sind erfreut, müssen aber auf der Hut sein, da immer wieder kleine Felsabgänge in den Kurven uns überraschen. Eine Begegnung dreier Spanier, die ebenfalls mit Motorrädern unterwegs sind, fällt äusserst kurz aus. Wir halten an und versuchen uns mit ihnen zu unterhalten. Noch sind wir nicht auf die Sprachenvielfalt die in uns steckt vorbereitet.
Viel erlebt, seltsames gesehen unglaublichem verkommen. Die Strasse ist schon von ganz bestimmter Beschaffenheit, die man in der Schweiz und der Umgebung so nicht antrifft.
Einige SMS später, wissen wir, dass unser dritter beim Betanken seiner KTM von einem Einheimischen zu sich nach Hause eingeladen wurde. Wir sollen doch auch dort hinkommen. Der Chef des Hauses habe uns zum Nächtigen eingeladen. Darauf wollen wir nicht verzichten. Man hat schon vieles von der Gastfreundlichkeit der Leute gehört.
So kommt uns diese Einladung entgegen um gehörtes zu erproben. Wir sind ja schliesslich zu dritt. Da sollten wir schon heil wieder raus kommen. Wir fahren gemäss den per SMS gesendeten GPS Daten zum Treffpunkt.

12Natürlich, wir wurden vorgewarnt, dass das Haus noch im Bau war, ein Teil aber durchaus schon bewohnbar sei. So treffen wir es dann auch an. Direkt am Strand von Dar M`Ter liegt das schöne Haus, oder besser gesagt, kommt das schöne Hotel zu stehen. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass der Herr des Hauses uns nicht gerade ohne Hintergedanken hier her eingeladen hat. Kaum abgesessen, werden frische Oliven, Brot Eier und natürlich „Whisky Marocain“ ein süsser Minze Tee, aufgetischt. Genüsslich probieren wir die Gaben. Frisch geduscht geht es zum endlos langen Strand.

13Ein wunderschöner Blick aufs Meer! Ist es ein Traum? Wir lassen die Zeit verstreichen und geniessen den Moment, schier unglaublich kommt es uns vor.14

Die Spanier, die wir unterwegs getroffen haben, stehen auf einmal im Hof. Sie sind ebenfalls beim Betanken ihrer Gefährte angesprochen und eingeladen worden. Wir versuchen noch einige Worte mit ihnen zu wechseln, ist aber nicht gerade einfach, denn wir können kein Spanisch und sie nichts anderes.
Beinahe verhungert, kommt dann gegen 2230 Uhr doch noch das lang ersehnte Nachtessen. Es ist sehr reichhaltig. Fisch, Poulet, Gemüse, Kartoffeln, Brot, Früchte, kaum alles zu bewältigen. Jimmy, der Gastgeber, will wissen ob es uns geschmeckt hat. Er ist dabei nicht gerade schüchtern und erkundigt sich, wann wir morgen los fahren möchten. Er sei dann vielleicht nicht gerade im Haus und da gäbe es ja noch das Finanzielle, das geregelt werden sollte. Soviel zum Thema „Gastfreundlichkeit und eingeladen sein“! Haben wir es uns doch gedacht, der Roland und ich. Das gibt es wohl kaum irgendwo auf der Welt!? Wir werden dann später des besseren belehrt.

Montag 30.04.2008, 170km

Jetzt geht es los!
Wieder einmal, wenn man von dem Hundegebell die halbe Nacht durch absieht, gut geschlafen, steht unser Team dann zeitig auf. Noch einmal werden wir gut bedient. Das Morgenessen wird draussen serviert und siehe da, Jimmy ist doch da. Nach einem Small Talk satteln wir unsere Stahlrösser und ziehen von dannen. Der wird uns so schnell nicht mehr sehen.

Wir fahren auf der Küstenstrasse noch ein Stück weiter und biegen dann ab, ins Gebirge. Immer steiler und steiniger wird der Pfad. Kaum noch gelingt es uns die Maschinen in den 2ten Gang zu bringen, so extrem wird die Route. Dann kommt es, dem Africa Twin Treiber15 entgleitet das Motorrad nach einer Spitzkehre. Wir legen eine Pause ein. Das ist bitter nötig. Das Débue des Jüngsten stellt sich als strenger heraus, wie er gedacht hat. Die Zeit benützen wir dann um die ersten Offroadbilder zu schiessen. Die Aussicht ist toll. Kinder eilen herbei. Sie touscheln untereinander und amüsieren sich sichtlich an uns und unserem Vorhaben. Keiner von uns versteht sie, aber jeder begreift sie. Nach einer mündlichen Erklärung über das befahren von unbefestigtem Terrain, gelingt es dem Greenhorn dann auch. Er tat sich leichter, war aber denn noch am oberen Limit seiner Kräfte. War recht gut so. Wir wollen es ja auch langsam angehen.
16So kommen wir dann vermehrt dazu um die Landschaft einwenig genauer zu bestaunen. Sie ist doch sehr hügelig und grün. Das habe ich so nicht erwartet, freue mich aber um so mehr darüber.

17Eine Höhle, die den Einheimischen Bauern anscheinend als Geissenstall dient, erweckt unsere Neugierde. Was die Natur nicht alles zu bieten hat! Auf Erkundungstour merken wir dann schnell, der Unterschlupf ist zwar hoch aber nicht gerade tief. So wird die Gegend von uns noch mal bewundert, dann reiten wir weiter auf der Schotterpiste. Vor lauter vor mich hin tuckern, vergesse ich doch prompt, dass man sich eigentlich beim Fahren konzentrieren sollte, so kommt es unweigerlich zum Patzer.
Die Rechnung, ein verbogener Tankschutzbügel und ein abgeknickter Blinker. Beides ist schnell repariert. Es dauert auch hier nicht lange und wir sind von Gaffern umzingelt. Einer der Bewunderer, unseres Treibens, lädt uns zu sich ein. Mittlerweilen ist es Mittag. Wir haben Hunger, also warum nicht das Angebot annehmen. Gesagt getan, viel kann ja nicht schief gehen. Alleine wird er uns dreien wohl nichts antun. Ein richtiger Glückstreffer! Viele Köstlichkeiten werden aufgetischt. Das Kommunizieren wird zum Cabaret. Keiner von uns kann Berber oder gut Spanisch, der Gastgeber aber nur dies. So wird vieles via Gebärden versucht zu umschreiben. Eine richtige Konversation ist das nicht, aber wir verstehen uns trotzdem und haben dabei noch Spass. Es ist eine herzliche Verabschiedung als wir dann wieder weiter ziehen. Das halbe Dorf ist vor Ort und winkt uns zu. Alles im grünen bereich. Wir leben noch.
18Die nächste Panne lässt auch nicht auf sich warten. Kollege Africa Twin verliert ein Teil seiner Ladung. Der Schlafsack geht seine eigenen Wege. Jeder unserer Truppe hat sich im Verlauf des Tages mal hingelegt, der eine sogar zweimal. Ausser ein paar Kratzer, wobei die am Ego grösser und tiefer sind, ist nicht Schlimmeres zu verzeichnen. Die Erschütterungen, die der Pfad an unsere 19Mopeds abgibt, sind zum Teil recht heftig. Sogar einige Jumps, bis einen Meter hoch, sind uns nicht erspart geblieben. Wen wundert’s da, wenn die Fuhre sich selbständig macht, egal ob Koffer oder Tasche. Zweites ist schneller wieder festgezurrt. Ersteres bedarf schon einer kleineren Reparatur und das in mitten eines Dorfes auf einem Abfall übersäten Durchgangsweg. Einwenig beängstigend sehen die Bergbewohner dort aus. Ich rechne jeden Moment mit einem unangenehmen Zwischenfall. Die Haschisch Verkäufer sind zum teil sehr penetrant und lassen uns kaum in Ruhe. Wir beeilen uns. Es kann weiter gehen.20

Das Riffgebirge ist ansonsten eine wirklich schöne Bergwelt. Sie lässt im Bezug „Offload“ und Aussicht keine Wünsche offen. Jeden gefahrenen Meter geniessen wir. Es ist traumhaft. Dürfen wir das mal wieder erleben? Marokko besteht also nicht nur aus Wüste!
Es wird langsam Abend. So richtig durchgeschüttelt, mit Dreck und Staub paniert, beginnt die Suche nach einem Hotel. Wir brauchen unbedingt eine Dusche, da führt kein Weg dran vorbei. Alle fühlen sich stinkig und bis über beide Ohren verschmutzt. Die nächste grössere Stadt ist Faonante. Mit Hilfe freundlicher Leute wird das angepeilte Ziel dann auch gefunden. Anscheinend sind wir von hinten her an unsere ersehnte Unterkunft gefahren, genau auf einen „bewachten“ Parkplatz. Ein junger Mann nimmt uns in Empfang und weist uns ein. Ob das wohl gut geht, das Motorrad so einfach im Freien draussen, mitten in einer fremden Stadt stehen zu lassen? Wir werden sehen. Nach einer kurzen Befragung des Hoteliers über das Finanzielle, sind wir uns schnell einig. Das ist es. Hier übernachten und was noch viel wichtiger ist, waschen wir uns. Danach gibt es Abendessen aus allem was wir noch dabei haben. Auf einer anschliessenden Erkundungstour durch den Ort stellen wir fest, einige Menschen hier sind doch sehr westlich eingestellt. Die Frauen tragen zum Teil kein Kopftuch, sind leicht geschminkt und stöckeln sogar auf hohen Absätzen herum. Ein Polizist versucht, mittels für uns nicht nachvollziehbarem Handgewinke und lautstarkem Trillerpfeifenlärm, den Verkehr einigermassen zu zivilisieren. Whisky Marocain ist unser Getränk. In jedem Restaurant kommt es auf den Tisch, wie auch an diesem Abend. Ein Fussballspiel aus England flimmert auf den Bildschirmen jedes Kaffees. Zuhauf sitzen und stehen die Leute gespannt dort. Muss anscheinend ein wichtiger Match sein. Das beruhigt uns. So hat keiner Zeit uns zu „belästigen“ oder sogar auf dumme Gedanken im Bezug auf unsere 2Räder zu kommen. Gemütlich schlürfen wir also unseren Tee und schauen dem Treiben zu.

Dienstag 01.05.2008, 170km
Hoffentlich sind die Motorräder noch da!

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Die Aussicht aus dem Hotelzimmerfenster ist nicht gerade der Hammer!
Wir erspähen dabei eine Bäckerei. Da wird es wohl frische Brote geben.
Eiligst huscht Stephan nach unten und will sich in die Reihe stellen. Seine kräftige Statur und seine Grösse schüchtern die Kunden wohl einwenig ein, als sie ihn bemerken. Sie gewähren ihm den Vortritt. So kommen wir dann schnell zu einem kleinen Frühstück mit ofenwarmem Gebäck, etwas im Öl gebadete Teigmasse, vielleicht nicht gerade das vitaminreichste Essen, es schmeckt aber nicht schlecht.
Unsere Sachen sind gut auf dem Stahlpferd festgezurrt. Wir sind startklar. Der Parkplatzwächter – es hat übrigens ein Schichtwechsel gegeben – will von uns wissen, ob wir die „Bewachung“ schon bezahlt haben. Ich erkläre ihm, dass dies gestern bei der Begleichung der Rechnung mit dem Hotelier erfolgte. Er beklagt, sein Geld nicht bekommen zu haben. Die Einforderung der Zeche soll er beim Kollegen oder beim Herrn an der Rezeption machen. Wir hätten unseren Teil geleistet, gebe ich ihm zu verstehen. Plötzlich ein Auflauf und ein Geschrei. Der Hotelier rast mit einer Eisenstange auf den Wächter los. Anscheinend lügen sich die Herren gegenseitig an. Uns geht das Gott sei Dank nichts mehr an. Sie lassen uns damit in Ruhe. Kann aber auch sein, dass sie einfach zu tief in ihrem Streit sind. Wir suchen auf jeden Fall das Weite. Schön, dass wir das hinter uns haben. Der Weg führt uns irgendwo quer durchs Land.23
Ein konventioneller Wasserträger. Die Moderne ist hier noch nicht eingezogen. Möglich, dass es noch eine ganze Weile dauert! Der Esel bringt das Nass auch ganz alleine ins Haus. Da war weit und breit kein Eseltreiber!
24Später war der Weg dann auch mit Nass überschwemmt. Unser erste Flussdurchquerung in Marokko. Das haben wir gesucht, so ist es gut.

25Es wird einwenig geplanscht mit Motorrad. Die Kühe am Wasserrand kommen nicht mehr aus dem Staunen. Kleine Übungsbesprechung, dann geht es weiter. Auch das muss mal ein Ende haben.
Wo ist die Africa Twin? Irgendwie macht sie schon wieder Macken. Kleine Aussetzer und dann ein endgültiges Aus geben Anlass zu einer Rast und einem längeren Schrauben.
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Das muss doch zu reparieren sein. Diese Elektrik ist schon eine komplexe Angelegenheit.
Ein Küsschen gefällig! Vielleicht läuft sie dann ja wieder.

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Mitten in der Arbeit meldet sich ein Autofahrer und möchte wissen ob wir Hilfe benötigen. Wir lehnen dankend ab, erklären ihm das Problem und pröbeln weiter. Viele Kabel erleichtern uns die Versuche nicht. Dann, auf einmal springt die Maschine wieder an. Der vermeintliche Kabelbruch ist provisorisch behoben. Da taucht der Autofahrer von vorhin wieder auf. Wieder hält er und erkundigt sich. Da der Wackelkontakt nun gerichtet ist, möchten wir gerne in den nächsten Ort wo es ein Restaurant gibt. Der Hunger macht sich bemerkbar. Zügig verfolgen wir den schwarzen Seat mit spanischem Kennzeichen. Anscheinend ist der junge Mann ein Einheimischer der in Spanien seinen Wohnsitz hat. Er führt uns ein Stück, haltet dann in einem Weiler und erklärt uns den Weg zu einem Restaurant das in der nächsten Stadt liegt. Die Stadt finden wir, Das Lokal aber nicht. Ist weniger schlimm, praktisch in jedem Gebäude befindet sich eine Einkehrmöglichkeit. Das rauchende Gebäude, das mir auf den ersten Blick auffällt, wird belegt. Dort bestellen wir zur Feier des Tages 200Gramm Schaf pro Person, einen Tajine und Brot dazu. Viermal Grund zum festen haben wir – der 1ste Mai (Tag der Arbeiter), Ronalds erste Flussdurchfahrt, meine KTM hat 100`000km auf dem Tacho und unser Stephan hat just heute Geburtstag. Wir geniessen es also!
Es ist schon Nachmittag als es dann wieder weiter geht. Einige Kilometer stehen schon noch auf dem „Programm“. Ein wunderschöner Pass lässt unsere Herzen höher schlagen. Beinahe wie zu Hause kann man eine Kurve nach der anderen nehmen.

Im Nationalpark

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So etwas wie der kleine „Grand Canyon“

Und die Korkeichen, in mitten denen wir dann auch nächtigen

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Schön gedeckt, getarnt, etwas weg von der Strasse, dass uns auch ja niemand sieht!
Das Wetter hat noch eine Überraschung für uns parat. In den Bergen rund um uns herum blitzt es und dann tröpfelts auch schon. Eiligst wird alles unter Dach gebracht.
Das war es dann auch schon, fertig mit lustig. Petrus lässt es sein mit Regen. Nun gut, wir sind froh darüber, plaudern noch einwenig und schlafen dann ein.
Mittwoch 02.05.2008, 302km

Kilometerfressen
Vogelgezwitscher weckt uns. Auf, auf, der Wald ist grün. Wir kämpfen uns aus der Wildnis, ein kleines Stück Gelände, das uns aber schon richtig Aufwind gibt, zurück auf die Strasse.30
Im Tal erspähe ich ein Mühlerad. Vermutlich eine Olivenölgewinnungsanlage.
Kinder sehen uns zu, wie wir das ganze einwenig genauer unter die Lupe nehmen. Kurze Zeit später und einige Baseballkaps weniger, reiten wir weiter.

Viele Verbindungsetappenkilometer die zwischen den für uns interessanten Wegen gemeistert werden müssen, zerren an unseren Kräften. Wir sind müde und einwenig ausgelaugt. Das musste leider sein. Wir wollen schnellstmöglich ein rechtes Stück vorankommen. Es lockt der Süden. Wir wollen den Sand sehen, ihn fühlen und probieren ob das mit unseren Dickschiffen wirklich so schwer ist, wie man sagt. Auf dem letzten Zacken, mit dem letzten Tropfen Benzin im Fass erreichen wir Messour. Wir tanken sofort auf und suchen ein Restaurant. Eine Erholungspause und eine Stärkung soll die Rast werden. Wie aus dem nichts erscheinen zwei andere Motorradfahrer. Sie setzten sich zu uns. Eric kann die Landessprache. Er verlebte seine Jugendzeit in Marokko, ist aber selber Franzose verheiratet und hat, man glaubt es kaum, fünf Kinder. So bekommen wir schnell den Tisch gedeckt. Sein Reisebegleiter, ein Deutscher der nur mal so zum Spass dieses land bereisen möchte und das auch mit einer LC8 ADV, redet fliessend Englisch. Das wird wieder eine lustige Talk – Runde. Nach dem Essen verhandelt Eric die Zeche. Lustig, wie unser Mittagessen immer günstiger wird. Zum Schluss liegt im Preis sogar noch ein Tee für alle mit drin. Die Idee wieder im Freien zu übernachten, schreckt die beiden wohl ab. So trennen sich unsere Wege.
31Wieder in der Höhe des Atlasses fällt ein schneebedecktes Bergmassiv auf. Das wollen wird uns doch näher ansehen.
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Unser Vorhaben setzten wir in die Tat um. Bei einem tollen Feuerchen, Brot, Harissa und Tunfisch lassen wir den Tag Revue passieren.

33Zunehmend wird es kühler. Lange sitzen wir auch heute nicht. Das Feuer wird fachmännisch gelöscht und dann ab in die Tüten. Die Tagesetappen waren lang. Viel zum träumen. Nur Esel-Geklagte holt uns ab und zu aus dem süssen Schlaf. Einige Male muss ich natürlich noch für kleine Prinzen. So wird mein Kollege auch immer wieder aus dem Schlaf gerissen und das, obwohl ich mir die grösste Mühe gegeben habe. Sorry!

Donnerstag 03.05.2008, 245km

Die erste grosse Oase
Sehr früh am Morgen, praktisch mit dem ersten Sonnenschein, schälen wir uns aus den Schlafsäcken. Alles was in unseren Rücksäcken und Gepäckstücken noch an Esswaren vorhanden ist, wird aufgetischt und verspeisst. Noch schnell ein Kaffee auf dem Kocher gezaubert und schon sind wir wieder fitt, mehr oder weniger! Mitten im Abbruch und Beladen stösst wie aus dem nichts, ein Berber zu uns.

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Mit dem nötigen Respektsabstand betrachtet er unser Treiben. So spannend scheint es aber nicht zu sein. Beinahe haut es ihn vom Stein. Er scheint auch noch sehr müde zu sein. Kurz vor dem Abfahren bemerkt er, dass wir in die falsche Richtung fahren wollen. Er belehrt uns, dass es da keinen Weg gäbe und es zu einem Graben führe, den wir nicht überqueren können. Wir danken und wenden.

Frischen Mutes fahren wir Richtung „Highway“, von dem wir gestern abgefahren sind. Auf dem Weg dort hin, kommen wir an einer Herde Dromedare vorbei. Unser erster Eindruck revidiert sich recht schnell. Wir gingen davon aus, dass das frei lebende Exemplare sind. Sofort werden Fotos von ihnen geschossen. Die Kamera noch nicht recht weggesteckt entdecken wir weiter vorne einen Mann der wild gestikulierend uns dann am Weiterfahren hindern will. Anscheinend sind das seine Dromedare. Dies will er jetzt geltend machen und verlangt von uns die Zeche. Wir wollen keinen Streit und schon gar nicht mit einem wild herumfuchtelnden Berber. Was kratzt es uns. Ist ja nur ein Klacks für uns und der hat dafür wieder einige Tage zu Futtern.

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Später dann, weiter auf der Hauptstrasse, schlängeln wir einem Flusslauf entlang hinter etlichen Wohnmobilen. Die Senioren scheinen Urlaub bekommen zu haben. Mit dem Pensionsgeld haben die sich alle ein wandelndes Haus gekauft und sind dann auf die glorreiche Idee gekommen, Marokko zu besuchen. Eigentlich egal. Das gibt uns Zeit, den Fluss einwenig näher zu beäugeln.

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Bombastisch, was da die Natur wieder geschaffen hat. Wir zwingen uns weiter zu fahren. Es gibt noch so viel zu sehen und zu fotografieren.

37Dann wird es wieder richtig öde. Drückende Hitze und die endlose Strasse, lassen uns ermüden. Von weit her, erblicken wir einen See.

Den Ausblick nützen wir um einwenig zu entspannen. Das Nass lockt, wir wollen mehr davon sehen, näher heran fahren.

38Wo führt der Weg nur hin. Da ist doch bloss Wasser. Oder trocknet der See vielleicht auch mal aus. Wer es weiss, wird selig.

Zurück auf der Strasse kommen wir dann später auf eine Anhöhe, von der aus man eine super Aussicht auf eine der grössten Oasen Marokkos hat. Die Einheimischen wissen dies zu nutzen und haben ein Berberzelt eigens für Touristen aufgestellt, besser gesagt aufgestellt. Auf den ersten Blick sieht es recht echt aus. Denn, wenn man es genauer betrachtet, fällt einem schnell auf, dass es eine „Besucher-Falle“ ist. Ich mache davon trotzdem gebrauch. So teuer kann es kaum sein. Wir stellen fest, es ist nicht gerade billig, doch wir geniessen es. Denn die Sonne brennt mal wieder kräftig auf die Erde nieder. Da kommt eine Pause im Schatten gerade richtig.

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Zwei bayrische Motorradfahrer gesellen sich zu uns. Sie verfolgen das gleiche Ziel wie wir Erg Chebbi. Nach einer unterhaltsamen Diskussion ziehen sie dann weiter. Wir rasten noch einwenig. Dann aber, einige Fotos und Tees später, müssen wir auch weiter. Immer wieder kreuzen wir die zwei Gleichgesinnten. Bis wir uns dann in Erfoud zusammen tun, um den Einstieg der Piste nach Merzouga zu finden. Fünf Mal haben wir die gleiche Kreuzung befahren. Mein GPS Gerät hat zwar die Richtung gezeigt, den Abzweiger zum Weg aber nicht. Grundsätzlich hat die Richtung gestimmt, nur habe ich dann im entscheidenden Moment nicht meinem Navi vertraut und selber etwas zusammen fantasiert. So kommt es, dass wir eine Stadtbesichtigung geniessen, anstatt dem gesuchten Weg zu folgen. Mit vereinten Kräften finden wir das Gesuchte, die Strasse zu Erg Chebbi den grössten Sanddünen Marokkos.40

Die Strasse ist auf einmal zu Ende. Rechts und links führt eine Piste Richtung Süden. Welche könnte es wohl sein.

Viele Wege Führen nach…

4241Weiss es vielleicht das GPS

Die Entscheidung fällt auf rechts. Also ab in die Wüste. Es ist spät geworden. Durch die unfreiwillige Stadtbesichtigung ist die Zeit verrinnt.
Die ersten Sanddurchfahrten lassen eine Aufholung und Zeitgutmachung nicht zu.

43Viel Lehrgeld, eine Fluglektion später und eine alte, wichtige Rallye Weisheit reifer – Kamelgrasbüschel sind heimtückisch, das darf ich schmerzhaft selbst erleben – ackern wir weiter zum angepeilten Ziel.

das Gasthaus le Chevalier Solitaire
info@elfaris.net
GPS N 31.07.227 W 4.02.265

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Wir sind da, endlich am Ziel unseres Traumes! Unglaublich, die letzten 8 Kilometer hat meine KTM das alles mit geplatztem Kühlwasserschlauch über sich ergehen lassen müssen. Das Wasser wurde immer knapper und floss wie eine kleine Quelle fröhlich aus dem Kühlwasserkreislauf, in den Sand. Wir sind angekommen und jetzt wird der Schaden erstmal behoben, so wie der Gaul dort steht, bepackt und noch warm. Der Schlauch muss noch vor dem Eindunkeln inspiziert und repariert werden. Da wie an der „Dakar“ (Gott hab sie selig) wird das Ding mittels Tape wieder zum funktionieren gebracht, Wasser aufgefüllt und noch eine kl. Probefahrt getätigt. Fürs Erste hält`s.

45Zimmerbezug im ersten Stock, sofort eine lang ersehnte Dusche, danach SMS nach Hause und eine Sitzung mit persönlichem Guru/Seelenheiler.
Der Stephan weiss wie man die Geister wieder zum Leben erweckt. Meine Schulter schmerzt vom brachialen Sturz. Die wird noch kurz eingerieben, dann geht es ins Erdgeschoss zum Nachtessen nach tunesischer marrokanischer Art, das enorm reichhaltig und üppig ausfällt.
Lange reden wir noch mit dem Chef des Hauses. Er war früher selber ein Rallye Crack auf dem Motorrad. Heute organisiert er noch einige gute Rennen mit. Selber fährt er aber nicht mehr. Er erzählt uns spannende Geschichten, macht uns dabei den Mund wässerig, ist aber auch beunruhigt über unser Vorhaben, die Wüste an der Mauretanischen Algerischen Grenze entlang zu durchqueren. Davon rät er wärmstens ab.
Zu viel vom weichen Sand, der nichts für unsere Schweren Motorräder und unsere Kondition ist. Auch sind die Abstände zur nächsten Tankmöglichkeit zu gross. So müssten wir, mal abgesehen von der irrsinnigen Hitze die gerade herrscht, enorm leiden, noch mehr Gepäck in Form von Reservesprit mitnehmen und würden sowieso auch sehr viel Zeit brauchen. Da gerade draussen ein Sturm aufgezogen ist und alle vorhererwähnten Punkte nicht gerade animieren, entscheiden wir uns für die vom „Capo“ persönlich vorgeschlagene Runde um Erfoud. Eine auch nicht ganz so einfache Aufgabe für „Anfänger“, wie sich dann am nächsten Tag herausstellt.

Freitag 04.05.2008, 110km

Schmerz lass nach!
Viele male bin ich in der Nacht aufgewacht, habe an sich eigentlich gar nicht so recht geschlafen vor lauter Schmerzen in der Schulter. Wieder eine gute Entscheidung, dass wir auf die Wüstendurchquerung verzichtet haben. So ausgelaugt und immer noch nicht recht zu Kräften gekommen, wäre die sandige Idee eh nicht das gelbe vom Ei gewesen. Vielleicht kann ich mich ja beim Frühstück stärken. Oh du heiliges Kanonenrohr. Wiederum masslose Übertreibung am Morgentisch. Da wird Essen aufgebart, das können wir beim besten Willen nicht alle essen.
Einige Zeit später hüpfen wir mit unseren Mopeds über die buckelige, auch sandige Piste der Stadt Erfourd entgegen. Dort angekommen, nach einem kleinen Abstecher über Ackerland, das haben wir aber auch erst nach dem Befahren bemerkt, tanken wir Camelback und 46Stahlpferd auf, dann geht es ab auf Chaccomos Route. Es erwartet uns die Steinwüste schlecht hin. Meine Felgen werden so richtig zu Wellblech verarbeitet. Schiefersteine sind Spitz und hart. Da muss man richtig Acht geben, dass man sich keinen Plattfuss einfährt.

Bei über 45Grad kommt ein schattiges Plätzchen wie gerufen. Weit und breit sonst findet man keinen Baum.
47Am Rand eines ausgetrockneten, steinigen Flussbetts hat doch einer seine Resistenz bewiesen. Er dient uns nun als lauschiges Mittagsörtchen. Beinahe vergessen wir die wertvolle Zeit. Die ganze Tour noch ab zu fahren ist kaum mehr möglich. Also wird abgekürzt. Eine schier unmögliche Aktion ist dabei eine Weichsandüberquerung.

Sie verlangt die ganze Kraft von uns.48

Wir sind über die Grenze gefordert worden. Der Blutzucker schein auf dem Tiefpunkt zu sein. Die Puste ist beinahe ausgegangen. Zuvor haben wir noch einen echt Arabischen Deal in mitten der Wüste getätigt. Für ein Fossilherz tauschten wir Benzin ein.
Ob der nette, alte Mopedfahrer wusste, dass das kein Zweitaktgemisch im Behälter war? Wir sitzen also so da und sammeln uns wieder, kommt von weit her ein Junge auf einem Fahrrad. Sein Fleiss wird mit einem T-Shirt belohnt.

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Das Tor zu den höchsten Dünen der Welt ist erreicht. Ab jetzt gibt es da nur noch Sand.

Die Bestätigung erhalten wir nach der Durchfahrt. Ist das nicht zauberhaft?

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51Die Verwunderung über ein eigentlich zu 100% zu bewegendes Strassenschlachtschiff, das sich irgendwie durch den Sand vors Kaffee durchgekämpft hat und jetzt einfach so locker vor der Gartenwirtschaft steht, ist von unserer Seite her recht gross. Also gibt es tatsächlich Leute, die verrückteres mit ihren Gefährten anstellen als wir.
Wir geniessen den Erfolg, unsere Maschinen artgerecht bewegt zu haben. Nach einem, wie soll es auch anders sein, Whisky Maroc und einer weiteren ausgedehnten Pause, gleiten wir dann immer noch berauscht vom erlebten und durchlebten in Richtung unserer Unterkunft, dem Gasthaus le Chevalier Solitaire. Dort werden wir schon vom Dienstpersonal erwartet. Unabdinglich wird die Dusche aufgesucht und ausgiebig den Sand aus den Poren gespült. Die ersten Erschöpfungsanzeichen machen sich bemerkbar. Beinahe wie in Trance schweben wir ins Bett, nach einem weiteren üppigen Nachtessen. Auch heute hat sich die Hausherrschaft übertroffen mit auftischen göttlicher Gaben für den Gaumen.

Samstag 05.05.2008, 202km

Highway to Hell
Tineghir ist das Ziel der Heutigen Etappe. Davor liegen etliche Kilometer Schnellstrasse und dergleichen, nichts spektakuläres also. Um es aber in die beiden Schluchten Todgha und 52Dades zu schaffen, müssen zuerst die Einöde und die enorme Hitze bezwungen werden.
Im Süden von Marokko herrscht ein schon recht afrikanisches Klima. Das lässt uns in unseren Handlungen recht träge werden. Erstaunlicherweise ist die hohe Temperatur aber doch nicht so belastend, denn sie ist recht trocken. So kommt man doch nicht so ins schwitzen, wie zu Hause. Ein zügiger Wind zwingt die Motorräder in die Schräglage. Ein lustiges Bild ergibt sich so. Tapfer schlagen wir uns auf dem „Highway to Hell“ durch das Steinige und sandige Gebiet, bis zur Stadt Rissani. Dort müssen wir wieder zu Geld kommen. Es ist uns schlicht Wegs ausgegangen. Diese Beschaffungsaktion erweist sich als Spiessrutenlauf. Der eine Geldautomat wollte uns par tout nicht auf Deutsch zum Ziel leiten. Unser technisches Englisch ist leider zu schlecht, um da etwas zu verstehen. So sind wir schlussendlich auf die Hilfe eines „Führers“ angewiesen. Wir erkundigen uns nach einem „Otomat“. Er versteht uns falsch und führt uns im gestreckten Galopp in den Markt zu einem Stand mit Tomaten. Wir geben ihm zu verstehen, dass wir keine Tomaten möchten, sonder auf der Suche nach einem Geld-Automaten, sa veu dir en francé -Otomat“, sind. Zudem führt er uns dann auch. Dort kommt das ganze aber auch nicht so, wie wir uns das gewohnt sind. Also rein in die Bank und einen Angestellten gefragt. Hilfsbereit kümmert er sich um unser Begehren. Für mich hat es funktioniert. Bei Ronald hingegen streikt der Automat. Also zum nächsten Blechangestellten einer Bank. Non Funktion, Merdé. Rein in die Bank und dann das nächste Kunststück. Kaum vorstellbar wie lange es gehen kann, bis unser Kassen wieder voll sind. Endlich geschafft, begleichen wir die Zeche mit unserem „Führer“, suchen unseren Kollegen, besorgen Benzin und machen uns aus dem Staub.

Weitere, nicht gerade erlebnisreiche Kilometer später, durchfahren wir Tineghir und biegen in Richtung Eingang der Todgha-Schlucht ein. Die Sonne ist schon im Sinkflug. Ein Nächtigungsort muss her. Da viele Zeltplätze ausgeschildert sind, entschliessen wir uns 53einen solchen zu buchen. Der Pool kommt uns wie gerufen. Wir schlagen das Zelt in seiner Nähe auf, in Mitten eines Ameisenfolks. Uns stört das nicht, eher wir die Ameisen. Stephan wählt lieber ein abgelegeneres Plätzchen. Heute braucht er mal Zeit und Raum für sich alleine. Die gönnen wir ihm. Ronald und meine Wenigkeit machen uns auf zum Pool. Dort wollen wir mal die Glieder abkühlen. Ja, es ist kühl. Die Sonne hat sich aus dem Tal zurückgezogen. Es wird langsam Dunkel. Schnell abgetrocknet und in „frische“ Kleidung gehüpft, begeben wir uns zum Restaurant. Da wird es wohl etwas Feines zum Essen geben. Stephan gesellt sich auch wieder zu uns. Lachend und Geschichten erzählend klingt der Abend aus. Der nächste Tag kann kommen!

Sonntag 06.05.2008, 66km

Oh je!
Der Tag hat so gut angefangen und endet auch gut. Das dazwischen…..
Bayrische Zeltnachbarn laden uns zum Kaffee ein. Gestern hatten wir uns noch über die vergangenen Tage und unsere Malheurs rege unterhalten. Irgendwie sind wir uns sympathisch gesinnt. So geht es dann heute Morgen mit dem Quatschen auch wieder weiter, beim angebotenen, warmen, koffeinhaltigen Getränk und dem Zusammenräumen unseres Nachtlagers. Gegen 1000Uhr war Stephan dann auch soweit. Es kann weitergehen. Wir setzten unsere Reise ins ungewisse fort.54
Der Eingang zur Schlucht war schon eine Sehenswürdigkeit. Der Weg führt mitten durch ein Dorf. Reges Treiben und einige Touristen wecken unsere Aufmerksamkeit. Dann, kurz nach dem Dorf, fahren wir in die Schlucht hinein. Mächtig hohe Felsen bringen Erstaunen und Fassungslosigkeit. Fassungslos werde ich auch als es plötzlich wieder nach Kühlwasser riecht. Der schlauch, den ich in Merzouga mit Tape geflickt habe, hat sich nun endgültig verabschiedet. Das Wasser läuft aus. Nur gut, dass wir neben einem Bach sind. Da rinnt genug von dem kostbaren Nass. Nur, wie soll der defekte Schlauch ersetzt werden? Vielleicht durch einen Gartenschlauch. Ronald treibt einen solchen auf. Ein Berber half ihm dabei. Nach einer halben Stunde ist die Geschichte wieder im Lot. Es geht weiter. Wie lange die Sache hält, ist fraglich. Es muss weiter gehen. Tiefer in der Schlucht, überqueren wir den Fluss. So gelangt man zu einem Restaurant, wo es allerlei zu verköstigen gibt.
Wie ein U-Boot lotse ich meine LC8 durch die Flut, na an der Ansaugtiefe, hat knapp hingehauen. Es gibt noch eine nicht so tiefe Alternative. Die haben die anderen – die Bayern sind mittlerweile zu uns gestossen – genommen. Irrtümlicher Weise bin ich ihnen dann gefolgt und musste dafür nochmals das nicht wenig riskante „Moses teilt das Meer“ Manöver wiederholen. Ist gerade nochmals gut gegangen. Die Aktion hat etwas Gutes und etwas Negatives zur Folge. Das Gute ist die Säuberung meines Stahlpferdes und weiteres Fotomaterial für die staunenden Touristen, das negative ist die Fusswaschung und die Genitaliendusche, die sich eklig feucht anfühlt. Nach dem Trocknungsversuch meiner durchnässten Sachen und einigen Runden Tee, Kaffee und Limonade, trennen sich unsere Wege. Wir verabschieden die Bayern und führen unsere Tour zur Verbindungstrecke der beiden Schluchten fort. 5km weiter stelle ich bei einem Verpflegungsstop in Tamta-Touche 1748müM fest, dass sich der Gartenschlauch wie ein Ballon aufgeblasen hat. So geht es nicht weiter, zu riskant! Was nun? Eine Idee, die mir auch früher einfallen hatte können, ist, bei einem Hotel die ultimative Frage nach einem Kühlschlauch stellen und dafür dort zu übernachten. Gesagt – getan. Und siehe da, der Hotelier hat in 10Minuten ein passendes Stück organisiert. Nach einer weiteren halben Stunde Schrauberarbeiten ist meine „Kati“ wieder „ready to Race“, müssen wir sogleich ausprobieren. Ronald entscheidet sich im Hotel zu bleiben. Die beiden LC8 Treiber ziehen also dann zu zweit los. Zwei Stunden wollen wir für die Testfahrt aufwenden. Dafür versuchen wir den Einstieg des Verbindungspfades der beiden Schluchten zu suchen und eine Erkundungsfahrt zu tätigen. Der Weg soll ja zum Teil recht treppenartige Steine beinhalten. Wir werden sehen, und wir sahen. Um überhaupt mal den Richtigen Pfad zu finden, haben wir schon reichlich Zeit verloren. Die cleveren Leute dort, haben viele kleine Wege55 gelegt, um den Touristen mittels Wegweisung das Geld abzuköpfen. Ist ihnen auch gelungen. Wir zahlten ebenfalls unseren Tribut, chauffieren sogar unseren Wegweiser noch herum. Dann aber wie gesagt, haben wir all unsere Trialkenntnisse zusammen gekramt und versuchen die verschiedenen Hindernisse zu meistern. Wieselartig klettern Reiter und Stahlpferd den Berg hinauf. Stein um Stein bezwingen wir die zum Teil halbmeterhohen Treppentritte. Immer weiter kämpfen, nicht aufgeben. Das ist Ehrgeiz. Dabei vergessen wir beinahe die Zeit.
Übermütig vor lauter Begeisterung von unserem Können, der Aussicht und dem Enduro gerechten Pfad, fällt es uns schwer, den Rückzug anzutreten. Wir müssen, denn es dunkelt langsam. Auf dem Rückweg, nur einige Kilometer vor dem Dorf, treffen wir auf eine tschechische Motorradclique. Die vier wollen tatsächlich noch heute die Querverbindung fahren. Ich versuche ihnen klar zu machen, dass wir in 2Stunden gerade mal 40km bezwungen haben. Angesichts der vorschreitenden Dämmerung, ist es ihnen besser gedient, mit uns ins Hotel zu kommen, wo das 3er Zimmer inkl. Halbpension 20Euro kostet 56und ihr strenges Vorhaben morgen zu realisieren. Dem Tipp folgen sie auch. Die Unstimmigkeiten in ihrem Team, sind beim Abendmahl, Regionaler Musikbande und einigen Fläschchen „Sligowiz“ schnell begraben. Auf einmal versteht jeder jeden einwandfrei. Für mich ist es effektiv zuviel des guten Tropfens! Nur mit Ronalds Hilfe, komme ich noch ins Zimmer. Der gute Brand, will mich aber nicht schlafen lassen. So zeige ich ihm noch eine alternative, WC.
Montag 07.05.2008, 240km

Der Morgen danach!
Heute noch soll es nach Ouarzazarte gehen. Zuerst aber muss noch die obere, weniger schwierige Verbindung der Todra und der Dades Schlucht passiert werden. Schon viele Geschichten sind darüber auf der Fähre erzählt worden. Alle versprachen sie ein unvergessliches „abseits der asphaltierten Strassen“ Erlebnis. Das muss man selber erfahren haben. Dem Ruf wollen auch wir folgen. Bis wir soweit alles gerichtet und uns 57das Frühstück genehmigt haben, sind viele der Bekanntschaften von gestern schon abgereist. Sogar die zwei deutschen mit ihren BMW, wo von der eine vor Tagen einen Sturz auf der schwierigen Querverbindung, die wir gestern befahren haben, erlitten hat. Bei einer der Treppenpassagen muss er sich derart ungeschickt mit dem Fuss geholfen haben, dass er Diesen arg verdreht hat, ja sogar gequetscht haben muss. Mit schmerzen habe er es gerade noch so knapp ins Hotel geschafft. Danach musste er sich schonen. Für die Weiterfahrt habe er sich eine Handschaltung zu Recht gebastelt. Es scheint zu funktionieren. Er ist jedenfalls nicht mehr da, also weiter gereist. Das machen wir jetzt auch.

Frischen Mutes, noch einwenig flau im Magen, chauffiere ich meine Maschine zum Wendepunkt der Schlucht. Die Belohnungen sind erlebnisreichen „Strassen“, Wege, Pfade steinige Pässe und hervorragende Aussichten. Die Erzählungen der Gleichgesinnten scheinen sich mit jedem Meter zu bewahrheiten. Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein.

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59Kaum eine Minute vergeht, ohne dass nicht ein Höhepunkt auf den anderen folgt. Irgendwie fehlt der „slow Motion“ Knopf. Um einwenig das Erlebte zu verdauen. Wir rasten an einem Strassenkaffee.

 

 

 

 

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Erstaunlicherweise gibt es hier oben recht grüne Felder, dank einem ausgeklügelten Bewässerungsnetz. Wo das aber nicht wirkt, ist schnell wieder die Steinwüste präsent.

 

 

 
Für einen Moment vergessen wir alles und lassen müde die Seele baumeln. Die Uhr läuft und so bleibt es uns nicht erspart die Weiterreise anzutreten. Schnell erfreuen wir uns aber wieder, durch die adventurereichen Pisten. Unerwartet stossen wir auf alte Bekannte. Mit ihnen haben wir nicht mehr gerechnet. Wie heisst es doch – man sieht sich immer 2mal im Leben –
61Wie sich herausstellt, haben die Zwei es doch gewagt und sind bei Merzuoga an der mauretanischen Grenze entlang gefahren. Eine beinahe halsbrecherische Aktion. Nur mit viel Glück ist es ihnen gelungen. Die Hitze, die Kilometer lange Strecke im weichen Sand und das nicht vorhandene Tankstellennetz trieben sie an den Rand des Wahnsinns. Sie haben es überlebt!

 

 

 

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Da, eine Passstrasse, die in die Schlucht führt. Wir sind am höchsten Punkt angelangt. Jetzt geht es nur noch abwärts. Die vielen Bach/ Flussdurchquerungen sind recht anstrengend gewesen. Am Anfang mit viel Vorsicht und dann immer frecher teilten wir die Fluten. Jetzt aber scheint damit erstmals Schluss zu sein. Karger, steiniger und enger wird der Weg. An ein Wendemanöver ist nicht mehr zu denken. Leider haben Ronald und ich unseren grossen Bruder aus dem Rückspiegel verloren. Er ist sicher wieder Fotos sammeln. Wir lassen ihm die Zeit und beginnen mit dem Mittagessen auf einem Steinhaufen. Alles was noch essenswertes aufzufinden ist, wird aufgetischt. Ist nicht wirklich viel aber zufrieden stellend. Man lernt hier, mit dem was man hat, glücklich zu sein. Die Ansprüche schwinden. Wo bleibt denn nur der Kollege? Gegen 20 Minuten später, taucht der verlorene „Sohn“ wider auf. Welch ein Glück, er fährt noch. Mit seinen Aluminiumkoffern ist er an einem Stein am Strassenrand hängen geblieben. Das führte unweigerlich zum Sturz. Alleine und einwenig ramponiert, montierte er dann die Maschinerie wieder zusammen. Das braucht halt Zeit. Merke – fahre bei solchen Touren mit Soft Bag – hilft Stürze zu vermeiden.
Nach längerer Unterhaltung und teilen der Essensreste, fahren wir weiter in die Schlucht hinein.

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Bilderbuchähnliche Aussicht!64
Stunden und viele, viele Kehre später wird die Schlucht Dades immer flacher. Der Ausgang kündigt sich an. Die Tanks verlangt auch schon danach. Einige Tropfen Benzin sind noch drin. Um nicht auf dem Trockenen sitzen zu bleiben, muss bald eine Tankstelle kommen, hoffentlich!
Noch einmal begegnen wir der tschechischen Gruppe. Ein kurzer „Smal-Talk“ muss reichen. Wir haben nicht viele Ziele, die wir termingerecht erreichen wollen. Am heutigen Abend aber möchten wir par tout in Ouarzazte im Bikers Home sein. Da führt kein Weg dran vorbei. Einwenig zur Missgunst unseres grossen Bruders. Der möchte sich eigentlich gerne zu der Truppe setzten. Wir lassen Stephan die Qual der Wahl. Er entscheidet sich für uns. Guter Junge! Einige Kilometer weiter, in Boumalne wo wir wieder auf eine Hauptstrasse Treffen, stossen wir dann endlich auf eine Tankstelle. Richtig durstig verschlingen die Mopeds etliche Liter an Treibstoff. Dann geht es weiter. Einige Tropfen haben sich vom Dach der Erde gelöst. Es kündigt sich wie aus heiterem Himmel ein Regenschauer an. Mit dem haben wir wirklich nicht gerechnet. Eiligst brausen wir in Richtung angepeiltes Ziel. Wir sind schon eine Stunde im Dunkeln unterwegs, als wir endlich die Stadt erreichen. GPS sei Dank, findet sich auch das Gesuchte Home. Nur, da ist keiner zu Hause. Allah hat an uns gedacht. Der Besitzer des Hauses hat die Handynummer auf das Garagentor geschrieben. Ob die Nummer noch stimmt? Ja, wir erreichen den doch sehr verdutzten Harry, der uns schleunigst zu Hilfe eilt. Auf der Ladebrücke seines Pick Up werden wir ins Zentrum Ouarzazate chauffiert. Schnell hat Harry etwas zu Essen für uns organisiert, das wir in einem Strassenkaffee, wo wir das Nachtleben begutachten, geniessen. Nach einem frischen Fruchtdrink als Dessert, ist die Zeit reif, das nächtliche Lager heim zu suchen. So ein Verkehr zu später Stunde noch. Verheerend, wie die Marokkaner sich im Verkehr bewegen. Ein Wunder, dass nicht mehr passiert. Es scheint in dem Chaos doch so eine Art System zu geben. Wir begreifen es nicht. Im Haus angekommen, wollen wir zuerst mal richtig ausgiebig duschen. Morgen soll ein Ruhetag eingelegt werden. Die Motorräder müssen gewartet werden. Sie haben es bitter nötig, mal wieder recht durchgecheckt zu werden. Ausserdem wollen wir mal in die City.
Schlaft gut und träumt süss!

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Dienstag 08.05.2008, 0km

Der Ruhetag
Auf Herz und Nieren geprüft, Beulen repariert, Öl aufgefüllt, voll getankt , frisch gewaschen, von den Angestellten einer nahe liegenden Tankstelle für gerade mal 25 Dirham (3,50 CHF) pro Motorrad, stehen die Maschinen startbereit für das letzte Drittel unserer Reise bereit. Einwenig Wehmut kommt bereits schon auf. Die Wege zwischen unserem grossen, germanischen Bruder und uns Ronald und mir, werden sich ab morgen trennen. Stephan hat noch einige Wochen mehr zur Verfügung. Das Swiss Team aber muss langsam den Nachhauseweg antreten.66
Mittlerweile ist es Nachmittag. Wir buchen ein Taxi. Das bringt uns ins Zentrum von Ouarzazate. Unter meiner Regie und ohne GPS gelingt uns mal wieder eine der legendären Stadtrundführungen. Wir sehen viel, nur, dort wo wir hin wollen, kommen wir erst nach einem ausgedehnten Umweg an.
Die Marktstände sind offen. Viele Leute hat es aber nicht. Im Prinzip könnten man richtig ausgedehnt die Bazare in Beschlag nehmen, wäre da nicht Ronalds Magen, der sich meldet. So trompeten wir, eher als gedacht, zum Rückzug.

 

Kollege Africa Twin liegt flach. Gut, wir wollten ja einen Ruhetag. Jetzt haben wir ihn. Gemütlich liege ich herum. Auf einmal Motorengeräusche. Die fliegenden Holländer 67kommen. Harry, der BMW-Fahrer, und sein Gefolge, die wir in der Dodgaschlucht getroffen haben, sind nun auch am Ziel. Vor Tagen noch, hatten sie einen Gefolgsmann vermisst. Anscheinend haben sie sich an einer Verzweigung verloren. Nur durch Zufall fanden sie nach einem Tag wieder zusammen. Jetzt wird es eng im Haus. Zwei Schweizer, der eine musste gestern Mastbruch erleiden – der Antriebsritzel seiner Africa Twin hielt auf der Antriebswelle nicht mehr. Sie versuchten es mittels Schweissung, sind damit einige Kilometer weiter aber gestrandet – sind im laufe des Tages von unserem Gasthauschef gerettet worden. Sie wollen, bis zur Abklärung der Rückführung mit der Versicherung, im Haus Zuflucht finden. Hektik bricht auf. Es wollen alle Mopeds in der Garage platz finden. So wird rangiert was das Zeug68 hält. Nach getaner Arbeit kehrt die Ruhe langsam wieder ein. Ronald schläft sich gesund. Stephan liest in seinem Reiseführer. Und ich unterhalte mich mit meinen gestrandeten Landsleuten. Zwischendurch meldet sich immer mal wieder das Handy des schiffbrüchigen Fritz. Die Versicherung und er werden sich, nach langem hin und her, einig. Eine Lösung ist gefunden.
Der Tag endet. Ein gemeinsames Nachtessen und viele Benzingespräche runden den Abend ab.

 

Mittwoch 09.05.2008, 200km

Die Trennung
Stephan geht ab heute seine eigenen Wege. Das fällt mir nicht gerade leicht. Er ist mir halt mit der Zeit schon ans Herz gewachsen. Ronald und ich nehmen es wie Kerle, sitzen auf, nach der Verabschiedung von allen, auf unsere Maschinen und starten in den Tag. Einige Kilometer kommen wir, dann streikt die Africa Twin erneut. Es dauert einige Minuten, dann scheint das Problem wieder behoben zu sein.69

Wieder fahren wir in ein Tal hinein. Die Strasse schlängelt sich auf einen Pass 2200müM.
Es wird immer kälter. Wieder eine überraschende Situation, der wir ausgesetzt sind. Ungewöhnlich, nach so vielen heissen Tagen frieren wir auf einmal. In einem Dorf, dass an da Mittelalter erinnert, machen wir halt. Es ist schon wieder Mittagszeit.

 

 

70Das Restaurant am Strassenrand sieht sehr einladend aus.
Von da aus haben wir eine gute Sicht auf das Treiben auf der Hauptstrasse.
Das gute Essen und einige Tees haben den gewünschten Wärmeeffekt gebracht. Es kann weitergehen. Die Strasse windet sich noch ein Stück weiter den Berg hinauf. Die Kälte meldet sich wieder. Erlösung, als es wieder Talwärts führt.

 

 

71Nicht gerade im besten Zustand befindet sich der Asphalt. Das versuchen einige Arbeiter zu beheben. So kommt es, dass wir hinter einem Lastwagen hertuckern müssen. Ist der Chauffeur vielleicht eingeschlafen? Wenn wir unsere Motorräder schieben würden, wären wir schneller. Die Zeit ist mit uns. Bei der nächsten Gelegenheit, geben wir den Stahlpferden die Sporen.
Dem Flusslauf entlang befinden sich Blumenbüsche mit rosa Blüten. Es wurde erzählt, dass das Tal -„Tal der Rosen“- genannt wird. Es sind aber nicht wirklich Rosen wie wir sie kennen, trotzdem sehr schön.

Die letzten Kilometer vor Marrakesch zieht sich die Strasse endlos langweilig daher. Hoffentlich sind wir bald am Tagesziel. Dann haben wir es doch noch geschafft. Die Stadt zeigt abermals das Wunder der nordafrikanischen Strassenverkehrsordnung. Eigentlich soll ein uns von Harry empfohlener Zeltplatz angesteuert werden. Den finden wir aber leider nicht. So wird einstimmig entschlossen, ein Hotel anzusteuern. Das wird auch sicherer sein.72

Da sind wir nun, am Rande von Marrakesch, in einem luxuriösen, westlichen Hotel, etwas über unserem Niveau. Mittlerweile hat man sich an das spartanische Leben gewöhnt.

Gut die Aussicht aus dem Hotelzimmer ist nicht gerade ein Hit.73

 

 

 

 

Eine gründliche Rasur, ausgiebig warm geduscht und einwenig relaxt sind wir bereit, ins Marktleben einzutauchen. Die Stadt bietet sich sehr offen an. Etwas traditionelle und doch einige moderne Ansichten lassen zeigen, sich in der Öffentlichkeit erblicken. Vor einer marokkanischen „Pizzeria“ wird die Speisekarte studiert. Sie lädt zum probieren ein. Es dunkelt.
Einen Abend in mitten des Souks (Markt). Scheinbar unendlich viele Gassen und Läden beherbergt die Medina (Stadt Zentrum, Altstadt). Ein richtiges arabisches Einkaufsparadies für Mittelständige, die es sich mit handeln gewohnt sind und wir sind mitten drin, voll im Geschehen. Überall raucht es aus verschiedensten Töpfen, richt es nach orientalischen Gewürzen, hört man einheimische live Musik. Tänzer und Gaukler bieten 74allerlei Attraktionen. Ihre Kumpanen sammeln bei den Schaulustigen mit einem Hut Geld ein. Ein hauch von Orient macht sich über dem Pflaster von Marrakesch breit. In der Dunkelheit treten wir den Retourweg an. Geschwächt durch die vielen Erlebnisse und Eindrücke bewegen wir unsere müden Glieder zum Taxistand, wo unter heftigen Diskussionen die Kosten für den Weg zum Hotel ausgehandelt werden. Es herrscht Einigkeit. Oder doch nicht? Der Chauffeur auf jeden Fall hat seinen Fahrstil nicht zu unserem Wohle ausgewählt. Überglücklich dass wir doch heil am gewünschten Ziel angekommen sind, genehmigen wir uns noch ein Luxus- Feierabendbier in der Hotelbar (2dl Landbier = 3Euro) und diskutieren über den Abend, den Souk, die Medina und das Handeln mit den Verkäufer. Dann überfällt uns der Sandmann. Ab in die Federn. Von morgen an sind keine grossen Sprünge mehr geplant. Der Besuch von Casablanca und Rabat stehen noch auf der Wunschliste. Die grossen Enduroeinsätze sind bereits vorbei. Die alte Strasse der Küste entlang soll nicht gerade eine Hauptstrasse sein, laut Karte aber asphaltiert und kurvig. Das sieht nicht schlecht aus.
Donnerstag 10.05.2008, 277km

Schau mir in die Augen Kleines
Nach Casablanca, ziemlich öde Hauptstrasse ohne Ende, treibt uns der gleichnamige Kultfilm. Irgendwie wollen wir einfach mal dort gewesen sein. Auf der langweiligen Strecke ist das einzige, aufrüttelnde Ereignis ein Auffahr-Unfall, wie er im Bilderbuch stehen könnte. Zwei Laster haben sich näher kennen gelernt und einwenig geschubst. Der nachfolgende Pkw-Lenker hat wohl die Vögel gezählt und oder die Bremsen waren nicht TÜV konform. Durch ein versuchtes Ausweichmanöver wurde seine Situation auch nicht besser. Er landet unsanft im sehr tiefen Strassengraben. Ob da noch was zu retten ist?!
Der Stau hat sich aufgelöst. Grund um wieder mächtig anzugasen, nicht zu rasen, nur halt einfach schnelles Vorankommen.
75Gegen 1200 Uhr sind wir dann endlich da. Auf der Suche nach einem Zeltplatz und das in mitten des Mittagsverkehrs – wie der wohl aussieht, brauch ich nicht erneut zu schildern – fragen wir uns durch und merken dann aber, dass sich die Leute hier des Französischen kaum mächtig sind. Sie beherrschen das Spanisch, wir leider eher nicht.
Schon fast traditionell setzten wir uns in ein Strassenrestaurant und verspeisen 200g „de Viand“ (Fleisch, auf Französisch) inkl. viel gutem Brot und Beilage, wie Kartoffeln.

 
Einige Zeit Später, wieder im Sattel, haben wir die Küstenstrasse gefunden, auf der crousen wir dann in Richtung Rabat. Unser Wunsch unterwegs dorthin einen Zeltplatz zu finden, geht in 76Erfüllung. Wir sind zwar einige Male an der Abzweigung vorbeigefahren, schlussendlich haben wir die Wandmalereien dann doch richtig deuten können.77

 

 

 

In der Nähe des Meeres werden wir fündig. Der Zeltplatz hat seine besten Zeiten bereits hinter sich.
78Der Zustand lässt zu wünschen übrig. Das lässt uns aber kühl. Das Zelt wird im Schatten der Bäume errichtet, dann kaufen wir in einem Lebensmittelladen Proviant ein, anschliessend begutachten wir den Strand und baden im Meer. Wie Ferien !

 

 

 

Freitag 11.05.2008, 388km

Coast-Road
Das war vielleicht wieder ein Tag, So viele Kilometer aneinander in einem Tag, haben wir in Marokko doch noch nicht gemacht. Wer das Land kennt, weiss dass wenn man versucht ausschliesslich auf Landstrassen und schmalen Wegen unterwegs zu sein, es wirklich viele, anstrengende Kilometer sind. Dies machen wir entlang der Küste. Nicht immer auf Anhieb finden wir den Weg auch sofort. Die Karte ist nicht gerade genau und das GPS hilft uns nur bedingt, da es kein detailliertes Kartenmaterial beherbergt und ich die Strecke nur handgelenk mal Pi in mein Navi gekritzelt habe. Mit ein paar Schlenkern finden wir den rechten Weg aber79 immer wieder. Um Rabat müssen wir die Gettos umfahren. Wir wollen den Geiern ja nicht zum Frass fallen. Verdächtig nahe führt die Strasse an ihnen vorbei. Nur einmal sind wir aus Versehen in einen Einfahrtsweg geraten und ihm einige Meter gefolgt. Wir haben unser „Malheur“ nochmals Rechtzeitig bemerkt und haben schnell wieder zum Rückzug geblasen. Interessanterweise wird die Strasse von Sandstreifen unterbrochen, die aber mittels unserer gewonnenen Erfahrung gut zu meistern war. Wer hätte das gedacht, dass eine Küstenstrasse mit Sandpassagen auf uns wartet. Eine erquickende Abwechslung.

 

80

 

 

Mehr und mehr bekommen wir vom Meer zusehen. Das Heimweh packt zu. Zugleich ersehnen wir die vergangene Zeit zurück. Kaum zuglauben, dass all das schon bald wieder Vergangenheit sein soll. Wir verdrängen das und schlagen um, jeder Meter wird zum Genuss.

 

 
Wieder einmal auf dem Holzweg, biegen wir in ein skurril anmutendes Dorf ein. Es ist so etwas wie der nordafrikanische OBI, nur halt unter freiem Himmel. Ein reges Treiben vieler verschiedener Händler die Handwerksmaschinen jeglicher Art und Haushaltsgeräte jeglichen Alters anbieten, befindet sich dort der Hauptstrasse entlang. Für uns führt kein Weg dran vorbei. Die Mägen sind leer! Ab in ein Restaurant. Gemütlich gaffen wir dem emsigen Treiben auf der Strasse zu. Unser Fleisch wird zubereite. Gut Ding will Weile haben.81

Das Wetter irritiert. Wolken ziehen auf und Windböen setzen ein. Eine beunruhigende Situation. Kommt am Ende noch der Regen? Die Störche lassen sich davon aber nicht beirren. Kurz entschlossen, wird eine Routenänderung besprochen. Eventuell ist es fern von der Küste freundlicher. Am besten steuern wir noch heute Tanger an, suchen dort den Zeltplatz auf, auf dem wir uns mit Kathrin und Frank verabredet haben.

 

 

82Wieder unterwegs, so richtig in Schwung, meldet sich ein schon tot geglaubtes Problem zurück. Ronald lässt seine Maschine ausrollen. Am Strassenrand, an einem Sonnenblumenfeld beginnt die Suche nach dem Übel aufs Neue. Nicht lange, schon taucht wie aus dem Nichts ein Einheimischer auf, der ungebeten versuchen will, mit seinem Fasenprüfer, den er aus seiner Manteltasche zückt, nach dem Problem mit zu suchen. Nur schwer ist er davon zu überzeugen, dass wir das lieber alleine erledigen. Schliesslich ist er doch Elektriker, meint er. Nach kurzem Zureden, lässt er dann doch noch von seinem Vorhaben ab und schaut gespannt zu. Ein Buss vol mit Material und Leute kreuzen uns. Leute erkundigen sich ob wir Hilfe benötigen. Dankend lehnen wir ab, denn die Honda trabt schon wieder. Die Reise kann weiter gehen.83

Wir kommen auch gut einige Kilometer weiter, bis das unvermeidbare wieder eintritt. Ein weiterer Zwangsstopp der Elektrik zur liebe, diesmal am Rande eines Kornfeldes durch die eine Pipeline führt. Interessante Perspektive – aktuelle und alternative Energie, oder Futter für Mensch und Motorrad – .

 

 
Noch hält das Wetter. Bald stellen wir fest, dass die Rückkehr auf die Hauptstrasse ein gut 50km Umweg ist. Dafür kommen wir flüssig voran, ist aber langweilig. Der Entschluss bleibt. Wir steuern Tanger an.
Stunden Später, einwenig Regen haben wir leider erwischt, Treffen wir in der Hafenstadt ein. Die Suche nach dem Zeltplatz beginnt. Nur mit den GPS Daten von Frank und Katrin, ohne eine Strassenkarte, lässt sich der Camping finden. Wir sind zuvor durch die Gassen geirrt, haben dafür bereits einen Einblick in die Umgebung erhalten. Sie scheint in Ordnung zu sein. Glücklicherweise verfügt der Platz auch über Zimmer (Motel). So eines genehmigen wir uns aufgrund der unsicheren Wetterlage.

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Das Hotel das in den Zeltplatz integriert ist, scheint die besten Zeiten noch vor sich zu haben. Es befindet sich zum Teil noch voll im Bau. Das kümmert uns wenig. Wir sind froh ein Dach über dem Kopf zu haben. Nach einer Dusche – das warme Wasser lässt auf sich warten – führt uns der Weg zum dortigen Restaurant, wo wir das Nachtessen bei Kerzenlicht, MTV und einer fantastischer Aussicht geniessen.

Samstag 12.05.2008, einige Meter

85Ein neuer Tag, der nichts Neues von der Witterung zu berichten weiss, bricht an. Die Frage nach dem „Was nun mit dem Elektroproblem“ stellt sich erneut. Da die Zeit für uns spricht, die Landi-Treiber werden erst gegen Abend zu uns stossen, machen wir uns an die Arbeit, der Ursache auf den Zahn zu fühlen. So zerlegen wir die Honda. Endgültig wird der Fehler gefunden. Ein Kabelschuh wurde beider Installation der Bordnetzsteckdose nicht wieder zusammengequetscht. So konnte er das Gegenstück nicht richtig aufnehmen. Es entstand ein Wackelkontakt. So ein kleines Problem und so eine grosse Auswirkung. Mit dem Auffinden der Geschichte, dürfte wohl die störungsfreie Fahrt bis nach Hause gesichert sein. Dem Ronald fällt ein Stein vom Herzen.

Nach getaner Arbeit möchten wir etwas Essen. Dazu verlassen wir das Gelände und besuchen das Quartier. In einem Strassenkaffee bestellen wir Tee, Pizza von nebenan und begutachten das Leben der Leute.8687

 

 

 

 

 

MFK (TÜV) Schrecken Honda                                         3Rad Mofa mit zuschaltbarer Beinkraftunterstützt

88Am späteren Nachmittag Treffen unsere Freunde auf dem Campingplatz ein. Sie haben viel zu erzählen. Um ein genaueres Bild es Geländes zu erhalten kundschaften, wir diesen gemeinsam aus. Dem geübten Fotografen kommen so etliche schöne Motive vor die Linse,
mir natürlich auch.

 
Die Gegend hier scheint nicht die schlechteste zu sein.89

Bei einem gemeinsamen Nachtessen, mit allerlei Resten die wir zusammenlegen, erzählt jeder von der Vergangenheit und der Zukunft. Das sichere Ende unseres erlebten Traumes kündigt sich an.90

 

 

 

Wir verdrängen es noch!
Morgen ist auch ein Tag. Da müssen wir rechtzeitig im Hafen sein. Die Fähre wartet nicht. Volltanken wollen wir auch und ein paar Raucherwaren sollen noch gekauft werden.

 

 

Sonntag 13.05.2008, 22km91

Nach Hause fahren.
Gegen 0600 Uhr kriechen wir aus unseren warmen Nestern. Der Crew des „Assistent Car“ bittet zum Morgentisch. Gehorsam folgen wir der Aufforderung. Der Kaffee steht schon fertig auf dem Kocher. Kurze Zeit Später zieht es uns zum Hafen hin. Lauft Navi sind es mal eben 2,3km Luftlinie. Wir schaffen es in 22km. Etliche Male sind wir falsch abgebogen, in eine Einbahnstrasse geraten, um Kreisel gekurvt, bis wir dann in einer Sackgasse landen. Kinder fordern uns auf, Spenden zu geben. Ja, sie bedrängen uns förmlich. Das Wendemanöver gelingt, schnellstmöglich raus aus der Miesere, ist nochmals gut gegangen.92

 

Wir erreichen den Hafen viel später als es uns lieb ist.

 

Oh, Euros müssen noch organisiert werden. Da gibt es weit und breit keine Möglichkeit schnell zu Geld zu kommen. Ronald und ich rauschen nochmals mitten ins Gewühl. Im Zentrum gibt es eine wahre Bankenstrasse. Dort dauert es aber eine gute Stunde, bis wir zu unseren Euros kommen. Die wollen wir sinnvoll in eine Umbuchung in Kabinen mit Seeblick investieren. Ronald klappert gegen vier Banken ab. Während dessen passe ich auf unsere voll bepackten Esel auf und bekomme einen Einblick in die Philosophie des Verkehrregelns mit Polizei, in einer Kreuzung mit eingeschaltetem Lichtsignal. Einen Durchblick hat wohl keiner, weder der immerzu trillerpfeifende Beamte,93 die nie zu hupen aufhörenden Verkehrsteilnehmer noch meine Wenigkeit.
Endlich wieder im Hafen zurück, wartet der deutsche Service Track und sein Team bereits mit dem nötigen Wissen um das Ausfüllen der Formalitäten auf uns. Wie gut, sind diese netten Leute schon im Bild, was der genaue Ablauf des Bürokratenganges anbelangt.
Alles erledigt, dürfen die Motorradfahrer als erste bis vor die wartende Blechlawine. Eine Weile später geht es Schritt für Schritt in Richtung Schiffsrumpf.
Ein Hallo der schönen Art, Josef und Peter sind auch wieder an Bord. Wir stellen unsere Gefährte neben den ihrigen ab und schnallen unser Gepäck ab, dann hoch an Deck. Peter humpelt uns hinter her. Das mit dem unrunden Gang wird zum späteren Zeitpunkt nochmals aufgegriffen. Wir haben ja zwei Tage Zeit. Erstmal soll an der Rezeption vorgesprochen werden. Anstand kennen die Marokkaner so gut wie keinen. Die Drängelei am Schalter erinnert an das Mittelalter wo das Faustrecht noch galt. Die „freundliche“ Dame hinter am Pult gibt zu verstehen, dass wir zuerst das gebuchte Zimmer erhalten. Nach Ablegen des Schiffes sollen wir noch einmal an die Rezeption kommen um dann die Schlüssel/das Zimmer zu tauschen. Gesagt, getan! Am späteren Nachmittag treffen sich alle Adventure Leute zum stelldichein in der Bar. Sie erzählen vom Erlebten. An vielen geschilderten Orten, ist man selber durchgekommen. Dabei wird auch der Unfall von Peter und sein ramponiertes Körperteil einwenig genauer unter die Lupe genommen.
Bei einem Sturz auf einer Öllache, am ersten Tag, beinahe wie bei Kollege Ronald, hat ihm der Fussraster seiner Moto Guzzi Quota den Fuss zermalmt. Wie schlimm es ist, lässt sich nur erahnen. Er hat sich nie richtig röntgen lassen.
Mit etlichen Storys über viele verschiedene Reisen, dazwischen immer wieder Essen aus der Kombüse bei dem man wirklich nicht heikel sein darf, einigen Litern Tee, Arabischer Musik und Filmkunst vertreiben wir uns die Langeweile.
Dass wir eine nicht wenig beachtliche Verspätung bei der Ankunft in Genua in Kauf nehmen müssen, war uns allen klar. Dass diese aber acht Stunden betragen würde, hätten wir uns nie träumen lassen. Die Minuten kommen uns wie Tage vor, als wir im Korridor zum Abgang in die Bord-Garage warten. Die Tür zur Freiheit öffnet sich. Alle stürmen sie zu ihren Fahrzeugen, wir mitten drin. Eile ist geboten, denn keiner möchte am Zoll wertvolle Zeit verlieren. Dieses Mal hatten wir die schlechteren Karten. Frank und Kathrin waren so schlau in Tanger als eine der Letzten einzuschiffen. So sind sie jetzt die ersten. Wir stecken an einer Zollpforte fest. Das Fahrzeug und deren Insassen vor uns, sind den Zöllnern nicht geheuer. Sie prüfen umso genauer. Das lässt die Zeit zerrinnen. Dann endlich geht es auch für uns weiter. So richtig in Fahrt gekommen, werden wir gezwungen die Regenanzüge anzuziehen. Der Himmel weint. Nach einer zügigen Fahrt durch Italien und das Tessin, schleichen wir nun den St. Bernhardino hinauf. Leichter Schneeregen behindert sie Sicht. So ist Schritttempo angesagt. Vor dem Tunell müssen wir die leeren Tanks der treuen Maschinen füllen. Ronald klappert mit den Zähnen beinahe lauter als meine KTM im Standgas. Die Kälte hat uns wieder. Nach der kurzen Verschnaufpause wollen wir nur noch schnell nach Hause. Mit der Musik des MP3 Player in den Gehörgängen und den warmen, erlebnisreichen Erinnerungen steuern wir zielgenau den Ort an, den wir vor drei Wochen und 3500km weniger auf dem Zähler verlassen haben, unser Zuhause.
Danke Ronald, Du warst und bist mir immer ein treuer Freund und Wegbegleiter. Danke Gott und der Familie, dass wir das erleben durften.