Ein Mann, seine Passion und die Verwirklichung eines Traumes.
Oder, wie ein Mann in die Wüste geschickt wird!
Angefangen hat alles an einem November Morgen 2004 mit einer E-Mail eines guten Freundes, in der er sich erkundigte: „Wer kommt mit 2-3 Wochen nach Tunesien, Libyen?“Meine Antwort darauf: „Tönt gut, denke aber, dass das familiär und beruflich für mich kaum machbar ist.“
Am Mittagstisch zu Hause blätterte meine Frau beim Kaffee in einem Möbelkatalog herum und schaute sich Polstergruppen an: „Ach, wär das schön, eine neue Polsti:“ Mein Kommentar: „ Träum weiter!“
Blitzartig kam es von ihr retour: „Hast du keine Träume oder Wünsche?“
Der Konter meiner Seits liess auch nicht lange auf sich warten: „ Doch! „ 2-3 Wochen Tunesien, Libyen mit dem Motorrad!“
„Jo, also! Ich bekomme die Polsti und du die Wüste, aber nur Tunesien und nur zwei Wochen. Alles andere ist mir zu gefährlich und zu lange!“ Meinte sie cool.
Ich war wie erschlagen, ja sogar sprachlos und zugleich erstaunt und überhaupt nicht gefasst auf dieses Angebot. Nach mehreren Schweigeminuten, schlug ich zum Kuhhandel ein.
Dass es so leicht sein würde, ein langersehntes und schon beinahe begrabenes Ziel erfüllen zu könne, hätte ich mir nie ertäumen lassen. Die gute Nachricht wurde meinem Kollegen natürlich sofort mitgeteilt. Er meinte nur, bevor wir nicht mindestens zu dritt sind, hat das kein Wert. Ups, da war schon der erste Dämpfer. Da ich das Akquirieren doch tagtäglich anwende, griff ich sofort zum Hörer und versuchte Hinz und Kunz zu mobilisieren. So kam es, dass es auf einmal doch zu viele waren, die sich für so einen solchen Trip interessierten. Anscheinend habe ich bei etlichen, das vor sich hin Schlummernde, geweckt. Vor lauter Gleichgesinnten ging es dann darum, gewisse Richtlinien aufzustellen und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Zum Beispiel die Reise wird komplett mit Motorrad (die Ausnahme natürlich, die Meeresüberführung) und ohne Begleit- oder Servicefahrzeug (PW, LKW) durchgeführt. Und siehe da, auf einmal war der Haufen nur noch halb so gross. Nach der Bekanntgabe des Datums (Karfreitag 25.02.2005, über Ostern und dann bis 10.04.2005) stieg der eine und der andere aus. Als es dann ans Eingemachte ging und die Mehrheit der Verbliebenen sich für Adventure pur entschieden hat (Übernachtungen im Freien, selber waschen und kochen, Sehenswürdigkeiten Beäugstern usw.) dezimierte sich der Bestand erneut. So verblieben dann sechs, die Ernst aus der Sache machten.
Jetzt ging es nur noch drum, die zweite Hürde zu nehmen. Wie bringe ich es meinem Chef bei, dass ich heuer einwenig mehr Ferientage möchte? Wie sich herausstellte, war dies gar keine einfache Sache. Vorsichtiger weise habe ich mal alle Absenztage eingegeben. Diese wurden zu meinem Pech sogleich veröffentlicht. Promt gab es ein riesen Aufstand. Die hälfte der Belegschaft konnte meine Begeisterung nicht teilen. „Das geht doch nicht!“ Na, da war die Akzeptanz für die Verwirklichung eines Männertraums nicht wirklich gross.
Meine Entscheidung stand fest. So entschloss ich mich trotz all dem, frei nach dem Leitspruch „Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es!“ zur Durchfürung des Vorhabens. Natürlich ohne Zustimmung vom Geschäft. Vor lauter Missgunst war das Klima dann auch noch sehr angespannt. Ich liess mich nicht beirren. Schliesslich ist es doch mein Leben und das gibt’s nur einmal. Und was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
So war dann im Dezember 2004 die erste Sitzung mit den Wüsten-Geilen angesagt. Viele Wünsche wurden zusammengetragen. Das Organisieren und Konkretisieren kann los gehen! Jeder bekam eine kleine Aufgabe. Unglaublich, dass ich all das Wirklichkeit werden lassen kann?! Das Motorrad soll noch hergerichtet werden und vor allem will der Esel mit dem Nötigsten gut bepackt sein. Noch haben wir ja ¼ Jahr vor uns, bis es wirklich soweit ist. ¼ Jahr ist aber schneller um, als man denkt. Das musste ich von allen Seiten hören. Die überflüssigen Kilos sollen weg und eine bessere Kondition her. Die dargebotene Hand einer geschätzten Bekannten, kam da genau richtig. Einwenig mitleidig und besorgt kümmerte sie sich professionell um meinen Fitnesszustand, der durch ein spezielles Wassertraining merklich verbessert wurde. Die Ernährung wurde umgestellt. Mein Hausarzt war da nicht unwesentlich daran Schuld: „Ja, Sie müssten schon einwenig auf ihr Gewicht und ihr Kolesterienspiegel achten. Beides ist noch zu hoch! Achten sie doch auf eine gesunde Ernährung und sagen sie ihrer Frau, sie soll nicht soviel kochen!“ Hurra, die Kilos vielen. Es geht bergauf! Jetzt würde der Militärgesundheits-Check auch nicht mehr so bedenklich ausfallen. Diverse Gespräche mit Wüstenfüchse, hauptsächlich aus dem KTM-Lager, ergaben;
Da soll noch ein Fahrtraining auf dem Acker absolviert werden und ausserdem soll man sich wirklich auf die Mitnahme von ernsthaft gebrauchten Artikeln beschränken. Die Koffer sollen zu Hause bleiben und statt dessen muss beim Auf- und Umbau der Maschine auf Gewichtsreduzierung viel Wert gelegt werden. Schutzvorrichtungen sollen verbaut und die Verbrauchseinstellung optimiert werden. Die richtige Reifenwahl ist massgeblich für den richtigen Vortrieb. Verschleiss- und Ersatzteile müssen mit usw. Alles auch im Reise „Know-How“ nachlesbar…..
Persönlicher Schutz. Ah, ha, da sind wirklich auch noch gewisse versicherungstechnische Details, die geklärt werden müssen. Wie sieht es mit der Lohnfortzahlung bei Erwerbsunfähigkeit im Falle eines Unfalles oder gar einer Krankheit aus? Bei Ableben, sind die Hinterbliebenen via Rente ausreichend geschützt? Reichen, die vom Staat gesetzlichen Versicherungen, für Invalidität aus? Natürlich nicht. Das weiss nun wirklich jeder, oder? Also, noch schnell eine Gesamtberatung und Anpassung gemacht, verhindert böses Erwachen.
Was deckt die Krankenkasse, und was soll noch zusätzlich versichert werden. Da gibt es doch so eine Reiseversicherung, die deckt wirklich alles, von Personen (24hPersonen-Assistance inkl. Rettungsfluchwach) über Annullation bis zu 24hMotorfahrzeug-Assistance (Abschlepp und Rückführung). Die muss sicher her. Hepatitis A+B, Typhus Impfung ist auch zu empfehlen.
Die Schutzbekleidung stellt eine elementare Sache dar. Wie heisst es doch so schön; Vorbeugen ist besser als heilen. Leider wird im Bezug auf Schutz oft am falschen Ende gespart. Ist das Zeugs zu leicht, nutzt es eventuell nichts. Ist es aber zu schwer, kann man darin versinken. Auch hier kommt es auf den gesunden Menschenverstand darauf an. Es soll auf jeden Fall so atmungsaktiv wie möglich sein. Am Besten lässt man sich von einem Arzt/Orthopäden oder Physiotherapeut beraten. Die sollten es wissen.
Wir haben ausserdem festgestellt, dass unser Wissen über erste Hilfe am Unfallort einwenig verblasst ist. Zur Auffrischung und Weiterbildung besuchten wir noch einen Sanitäter, der uns selbstlos Tipps zur Erstversorgung gab z.b. Helm ab, Herzmassage und verschiedenste Lagerungen, Verbandsarten und Schienungen.
Auch kam uns die Erleuchtung, dass es in der Wüste keine Wegweiser gibt, an denen wie uns orientieren können und die, die dort herumstehen, werden wir kaum lesen können (Wellenartige Zeichnungen. Nur die Zahlen sind identisch mit den unsrigen). Satellitenorientierung GPS ist das Stichwort. Es kam wie es kommen musste. Wir Besuchten auch noch einen Vermesser. High Tech soll uns also die richtige Route zeigen. Er erklärte, wir haben gemessen, aus-/umgerechnet und wir lagen mehr oder weniger richtig. Irgendwie ist es gar nicht so schwer, nur eben eine heiden Rechnerei. Der Aufwand vor Ort wäre schon nicht zu unterschätzen. Also wurden der Einfachhalber einige Koordinaten zu Hause schon heraus gesucht und ins GPS-Gerät eingegeben. Um auf nummer-siecher zu gehen, ermächtigten wir uns auch noch dem alternative Kartenlesen mit Kompass. So soll die Wegfindung dann in allen Fällen gewährleistet sein.
Es soll mal getestet werden,ob die Bepackung den kommenden Anforderungen auch stand halten kann. Wie sollen wir das wieder bewerkstelligen? Am ehesten picken wir uns Wald-Wiesen-Hüttenwege in der Gegen heraus. So, da hatten wir uns wieder eine richtig schwere Aufgabe gestellt. Es lag nämlich soviel Schnee wie schon lange nicht mehr und eisig war es dazu auch noch. Ein Verschiebungsdatum aufs andere folgte, bis wir dann doch noch eine Gelegenheit erwischten und uns trafen. Die Packordnung von denen, die gerüstet waren, wurde begutachteten. Natürlich war da einiges, das doppelt oder sogar dreifach belegt war. Dort konnte man sich einigen, wer was mitnimmt. Gepäcksverteilung wie Zelt, Wasser und Treibstoff wurde ausdiskutiert. Und dann kam die technische Abnahme durch den Chefmech. Prompt lief eine Honda nicht so wie es sich für eine Honda gebührt. Schraubarbeiten, Fachsimpeleien und weitere Notlösungen unterzog sich die Kleine und wollte dann doch nicht. So verblieben dann deren drei, die zusammen eine „Testfahrt“ durchführten. Es war leider ein reiner Asphaltausritt ohne jegliche Testambitionen also keine richtige Referenz. Ob`s dann hält, wird sich noch weisen. Die Honda ging dann zurück ins Werkstättchen. Wie es sich herausstellte, gab eine Zündspule die Arbeitsverweigerung durch. „Ein noch nie dagewesener Streik!“ Liess der Mechaniker verlauten. Nun, irgendwann ist es immer das erste Mal. Lieber jetzt als in der Sahara. Eine kurze Repetition über alles, Vereinbarung des Treffpunkts und der genauen Zeit, das war’s. Die letzte Besprechung, der letzte Treff vor dem Abenteuer und die Verabschiedung der daheimgebliebenen Freunde, dann geht’s in 12 Tagen los. Die Nervosität und die Ungeduld der Teilnehmer steigerte sich zusehend. Die letzten Telefonate und Countdown E-Mails….
St. Gallen – Lugano 321km
So, der Tag X war gekommen. Da trafen sie also ein, die 5 tapferen Helvetier. In einer, in der Ostschweiz bekannten Raststätte, nahe St. Margrethen, hatten wir unseren Sammelpunkt. So eine Stunde später mühten wir uns dann wieder in das Regenzeugs.
Denn draussen war kalt und eben regnerisch. Eigentlich nichts neues. Wir hatten das schlechte Wetter ja schon seit Wochen. Also, es konnte nur noch besser werden. Ab in den Süden. Nächste Station, Tessin (Lugano). Der Weg führte uns über die Lenzerheide, Julier, wo beinahe allen die Fingervereisung zu schaffen machte, ausser einem, der hatte nämlich Griffheizung, Maloja, wo wir dann auch zu Mittag assen, ins bella Italia. Das Wetter hat sich gebessert. Es wurde sogar richtig warm. Ganz ohne Panne ging es aber doch nicht. Einer musste unbedingt seine Alukoffer mitzerren. Mit denen blieb er dann auch ungewollt an einem Mäuerchen hängen. Das ging noch mal gut. Aber dann kam es. Der Transalp ging der Saft aus. Gott sei Dank hatte man vorsorglich gefüllte Reservekanister mit dabei. So führten wir die Reise dann bald weiter… Oder, nach der Grenze Italien-Schweiz, wir kamen nicht weit, blieb eine LC8 auch ohne Sprit liegen. Das Problem hatten wir ebenfalls schnell im Griff. Kleine Verzögerung und es konnte weitergehen. Endlich kamen wir an unserem erste Übernachtungsort an. Wo wir dann endlich vollzählig waren.
Unser Bayer erwartete uns schon.
Zimmerbezug und dann ab in die Pizzeria. Unsere Jugendherberge stellte sich als Bijou heraus. Ein gemütliches Ambiente, sauber, gepflegt und freundliche Herbergenleiterin. So lässt sich`s gut ruhen. Die Nacht hatten wir gut überstanden. Wenn auch der eine oder andere einwenig nervös war.
Lugano – Genua 240km
Es regnete. Wie soll es auch anders sein. Wir sind ja immer noch in der Schweiz, hatte ich beinahe vergessen.
Die Palmen hinter der „Jugi“ liessen schon einen Hauch von Afrika in mir aufkommen. Also, dann halt wieder ab in die Regenklamotten, zu unserem Glück aber nur bis kurz vor Milano. Dort hatte der Regen ein Ende.
Drei Zahlstellen mussten wir über uns ergehen lassen. Wobei die Preise stiegen und stiegen. Zuerst wollte man 1.70 Euro bis nach Milano, dann verlangten sie schon 2.50 und auf dem letzten Teilstück noch 7.40. Da haben wir dann auch den Vogel abgeschossen. Vorlauter „lasst mich auch mit“ und sprachlicher Missverständnisse, trafen wir in der Zahlstation vor Genua ohne Streckenzettelchen ein. Welch ein Desaster. Unsere Nummern wurden registriert und wenn wir uns im Stationsbüro nicht melden, drohte uns eine 50Euro Busse. So mussten wir halt eine halbe Stunde warten, bis das Büro öffnete, wo wir unser Busse tun konnten. Wir erwarteten das Schlimmste. Es war aber nicht so. Voller Verständnis erklärte uns die nette Dame am Schalter, dass wir den normalen Beitrag von 7.40 Euro zu bezahlen haben und löschte den Buss-Eintrag in ihren Akten. Noch schnell eine Quittung ausgestellt und es ging weiter in Richtung Hafen.
Dort angekommen, merkten wir schnell, dass wir nicht die Einzigen mit dem Vorhaben „Wüste“ sind. Da standen schon ein Haufen, bis unters Dach vollbepackter Fahrzeuge. Ihre Motivation: Irgendwie schaffen wir es nach Hause! Oder; Ich will jetzt quer durch die Wüste. Aufs Gedei und Verderben!
Nach langem Warten bis zum Verladen, die Zollabfertigung lief aber reibungslos, ging es ab auf die Fähre, die Motorräder zuletzt.
Das Festzurren unserer Gefährte erwies sich komplizierter als gedacht. Die „Spanngurten“ konnten nur pro Forma die vermeintliche Befestigung der Maschinen gewährleisten. Hauptsache es sieht so aus als, würde die Anmache halten. Gemischter Gefühle bezogen wir unser Pullmann-Quartier. Aber nicht lange. Die Unsicherheit über die Sicherheit unseres Gepäcksmitbringsel war doch zu gross.
Sofort kümmerte sich einer unserer Gruppe ohne Sprachprobleme vorsorglich um eine 4er Kabine. „Da haben wir sicher zu sechst Platz.“ Meinten wir voller Entusiasmus. Fehlgeschlagen! Es hatte wirklich nur für vier Platz und mit dem Schichtenschlafen ging es auch nicht auf. Also bezogen zwei ihr Nachtlager definitiv in Pullmannsitzen respektiv in deren Räumlichkeit. Auch diese Nacht hatten wir mehr oder weniger gut hinter uns gebracht. Das essen an Bord war geniessbar und die Kojen akzeptabel. Man versuchte uns das Wechseln von Geld auf der Fähre schmackhaft zu machen. Ohne Erfolg. Mir war das nicht geheuer. Sauberkeit in allen Belangen ist nicht unbedingt eine Stärke der Tunesier. Das merkten wir schnell. Man gewöhnt sich an alles. Bald lernten wir weitere Wüstenvergiftete kennen und kamen sogleich ins Schwärmen. Bevor wir das Meer dann auch, zum Schluss war es aber doch recht wankelig auf dem Kahn, überquert hatten, mussten wir noch Einreise-Zollformalitäten auf dem Schiff hinter uns bringen. Auch das lief recht fliessend. Dann war es soweit. Das Abladen begann. Zu meinem Erstaunen geschah das aber wirklich schnell ab. Nun, da haben wir uns zu früh gefreut.
Der tunesische Zoll machte uns einen ordentlichen Strich durch die Rechnung. GPS verzollen! Das dauerte vielleicht. In der Hitze kam es einem vor als würde das den ganzen Nachmittag verschlingen. Die, die ein Schlupfloch fanden und die, die kein GPS Gerät hatten oder angeben wollten eilten schon mal zur Wechselstube. Der Wechselkurs war glaube ich i.o.
Tunis – Mejez El Babe 87km
Und jetzt endlich die ersten Kilometer auf afrikanischem Boden. Die Fahrt auf dem nicht mehr endenwollenden Damm war nicht ohne. Der Wind verhalf uns zur enormen Seitenlage. Eine riesiges Verkehrs-Chaos in Tunis. So gar nicht europäisch, fährt einfach jeder drauflos. Die Ampeln haben hier zwar noch Gültigkeit, aber die Spuren werden öfters einfach so gewechselt und das Überholen geschieht beidseitig. Prompt haben wir uns mächtig verfahren. Eine kleine Stattrundfahrt gaben uns einen ersten Eindruck. Leute pfiffen uns freudig hinterher. Die Kinder winkten und riefen uns zu.
In Mejez El Bab bezogen wir kurz vor dem Eindunkeln unser erstes tunesisches Hotel. Ein, für uns ungewohnter Menschenauflauf entstand. Man bat uns, der Sicherheit wegen, die Motorräder doch bitte in die „Gartenwirtschaft“ zu stellen. Da sassen recht viele hinter kleinen grünen Fläschchen und sie unterhielten sich lautstark. Man wies uns an einen Tisch. Was wir trinken wollen, fragte man uns.
Vorsichtig erkundigte sich unser Bayer nach Bier. Der Wirt, wenn er es dann auch war, lachte und sagte kein Problem. Er konnte Deutsch. Laut seinen Aussagen, pendelt er zwischen Deutschland und Tunesien. Seine Gemahlin sei eine Deutsche. Na das kann ja heiter werden. Er brachte für alle kleine grüne Fläschchen. Alles klar. Jetzt wussten wir auch, wieso sich die Gäste so ungewohnt verhielten. Die waren voll verladen!?
Das Hotel befand sich nicht gerade an ruhiger Lage. Wie sich herausstellte, führte die Hauptverkehrsachse direkt am Gebäude vorbei. Dementsprechend laut war es dann auch die Nacht hindurch. So haben wir nicht lange im Schlafsack verweilt. Nachdem wir unsere Feuerrösser aus der Rezeption/Gastwirtschaft, wo sie sicher genächtigt haben, ins Freie geführt hatten, ritten wir los in Richtung Dougga.
Majez El Bab – Dougga 133km
Die Römischen Ausgrabungen haben es uns angetan. Einmal für den Eintritt und dann noch pro Fotoapparat wurde Geld verlangt. Bis zu Parkplatz dürfen wir noch fahren. Schon auf dem Anfahrtsweg zu den Ausgrabungen hat man da und dort einige Ruinenteile gesehen. Was wir aber antrafen, war schon eine Sehenswürdigkeit der speziellen Art. Man konnte sich regelrecht das damalige Städtchen vorstellen.
Keine 10 Schritte konnte man machen, ohne dass da wieder einer seine Führungsdienste anbot. Wir machten davon Gebrauch und siehe da, der Entscheid war Gold richtig. Er hat uns ganz nahe an die Ausgrabungen gebracht und uns Geschichten über das vermutliche Treiben in der damaligen Zeit geschildert. Zähne, Schädelknochen und weitere Relikte galten als Zeugen.
Unsere Entdeckungsreise führte uns an Mosaike, Marmor, gravierte Grabsteine und Zisternen in denen Fundgegenstände aufgebart waren vorbei. Ich fühlte mich wie Christoph Kolumbus. Wie lange wir dem Staunen den Lauf liessen, weiss ich auch nicht mehr. Beim nächsten Tunesien-Raid möchte ich da aber schon nochmals hin. Im örtlichen Kaffee trafen wir eine deutsche Gruppe, die ähnliches wie wir vor hatten. Dort dabei war ein Motorrad-Tourenschreiber der zu seinen Ausführungen noch gerne extravagante Fotos haben wollte. Die Damen der Gruppe fragte uns höflich, ob wir ihnen beim Vorhaben helfen, eine der ihrigen Maschinen auf die Plattform eines freigelegten Theaters zu hifen. Wie konnten wir den netten Girls diese Bitte abschlagen. Gerne waren wir zu dieser Aktion bereit.
Nun musste es aber weiter gehen. Der Tafelberg „Joghurtberg“ sollte auch noch ein Tagesziel sein. Über groben Schotter mühten wir uns bergab. Nicht lange und schon waren wir das erste Mal gar nicht sicher ob wir den richtigen Weg eingeschlagen hatten. Also, alles wieder retour. Nur, hatten wir zuvor eine Zahlstelle des Nationalparks auf der gegenüberliegenden Seite überquert und der wollte doch wieder Geld von uns, obwohl er uns vorbeifahren gesehen hat. Wir fuhren einfach durch.
Mit Sprachkünsten bei Wegerkundungen ging es weiter mitten durch eine Kuhherde, übrigens die einzige die ich in Tunesien gesehen habe. Der Berg ruft! Und so kletterten unsere Motorräder durch mehr oder weniger unwegsames Gelände.
Mein erster Sturz, nicht weiter schlimm, endete mit einem Gaszugkabelriss. Einige Zeit hatten wir bei dieser Aktion dann auch verloren. Kaum wieder gestartet, bin ich auch schon wieder gelandet nach einer Rinnsaldurchfahrt, die recht glitschig war. Zuviel am neuen Kabel gezogen und dann geschah es. Das Hinterrad überholte mich. Nachgemessene 10Schritte schlitterte ich über beide Räder bevor die Räder dann wieder griffen und mich vom Sattel über den Lenker nach vorne katapultierten.
Mit dem Helm aufgeschlagen, eine Rolle und da sass ich. Der „Elefant“ heulte auf und ich rannte sofort zu ihm, betätigte den Killschalter und musste feststellen dass der Lenker gebrochen ist. Was nun?
Es wurde nicht lange gefackelt und sofort habe ich mit dem Wiederherstellungsverfahren begonnen. Zuerst wurde alles weggeschraubt, was verbogen war.
Danach wurde im Gremium diskutiert, wie am besten der Lenker wieder repariert werden kann, dass er auch dauerhaft hält. Ein jeder hatte mir sein Werkzeug und sein Ersatzteillager offenbart. Glücklicherweise hatte ich ein
Distanzstück dabei, das genau in den Innendurchmesser des Lenker passte. Mit einwenig Feilarbeit, Flüssigmetall und einem Stein vom Strassenrand, wurde das Abgebrochene mit dem Stummel so wieder zusammengeführt. Die Schelle der Handbremse wurde genau über der Bruchstelle platziert und so ging es auch ohne Probleme weiter.
Nach einigen KM steinigem Pfad und noch einwenig Asphalt versuchte ich meinen Komparsen Bericht zu erstatten. Mein Wohlbefinden sei i.o. und das Geflickte sei einwandfrei. Der Schock löste sich und zusammen mit einem Hitzestau, resultierend aus zwei Stunden Schraubarbeiten unter der prallen Sonne, kollabierte ich. Die Fahrt ging für mich auf dem Sozius retour nach Dougga zur Ausnüchterung ins nächste Hotel.
Dougga – Fériana 260km
Nach einem Frühstück, ich hatte immer noch nicht so Hunger, schwingte ich mich wieder voller Elan in den Sattel. Das zweite Hotel auf unserer Tour war schon besser. Ganz in der Nähe musste ein Hundeheim sein. Die ganze Nacht kläfften die Köter herum. Na ja, was soll`s. Hauptsache es geht weiter.
Der feste Weg wurde aber schnell verlassen. Vor uns tat sich ein Trial taugliches Gelände auf. Ziemliches Geröll und ein Fluss verlangten von uns schon recht früh Kraft und Geschicklichkeit. Meine erste richtige
Flussdurchfahrt war wirklich nicht gerade einfach, aber ich kam durch ohne abzustehen.
Voller Stolz sammelte ich wieder Mut und Vertrauen, machte einige Fotos und half einem Pechvogel, der wieder mal was vermist, beim Suchen. Dabei hatten wir leider kein Erfolg. „Die Brille und den O-Saft können wir vergessen!“ Meinte er. Leider trifft es immer die gleichen. Aber das ist ein anderes Thema. So toll es da auch war und glaubt mir, das hat vielleicht Spass gemacht, so schnell mussten wir halt auch wieder weiter. Wegen der Zwischenfälle und der nicht ganz einfachen Nassbezwingung sind wir von der Zeit her ziemlich zurück gefallen. Um das wieder gut zu machen, gab es nichts anderes, ausser Anzugasen. Zurück auf den verpönten Asphalt und Kilometer fressen. Wir wollen ja am nächsten Tag endlich Sand fahren. Das hatten wir uns fest vorgenommen. Der Bastel mit dem gebrochenen Lenker hielt immer noch. Ja dann, konnte es ja nicht mehr schief gehen. Ohne grosse Zwischenfälle flogen wir nach Touzeur und liessen leider einige schöne Sachen wie die Oase Tamerza mit ihren Wasserfällen aus. Schliesslich muss es ja für ein anderes Mal auch noch weiteres zu erkunden geben.
Fériana – Touzeur 220km
Nach einer kühlen Nacht 12° C die wir in einem Steinkrater von bellenden Hunden umlagert, verbrachten, ging es schon früh am Morgen wieder los. Die Zeit drängt! Doch für den wunderschönen Sonnenaufgang reichte es. Den muss man sich einfach gönnen.
Wieder wurde es anspruchsvoll. Der Offroad-Part (Rommelpiste) war vergleichbar mit dem Passo di Stelvio, nur halt grober Schotter, abgebrochene Betonstrassenplatten, Spitzkehren und im südlichen Teil sogar sandig.
Droben auf dem Pass machten wir Mittag-Rast. Wir fanden unter einem Felsvorsprung den einzigen Sonnenschutz weit und breit.
Die Aussicht war bombastisch. Man konnte schon die Sanddünen erblicken. Von irgendwo her kamen zwei Knaben, natürlich um zu betteln. Sie versuchten es auf eine andere Art als ihre Vorgänger. Ein Gesang sollte uns die Geldtaschen lockerer machen. Die Idee war nicht schlecht, half aber nicht.
Überall fanden wir Spuren von vor Jahrtausenden. Da musste mal Wasser/Meer gewesen sein. Etliche Muscheln und Versteinerungen ragten aus den Felswänden.
Wir liessen unseren Augen den Anblick gönnen und verzerrten hungrig das Mittagessen, das sich als unser Standartmittagsmenü heraus hob, Brot, Harissa und Ton. Uh, Der Abstieg erwies sich als wirklich knifflig. Wie vorher schon erwähnt, machte uns die „Strasse“ Sorgen. Die Wellblech-Piste im unteren Bereich mit ihren Sandverwehungen war für einige von uns schon der Vorgeschmack zur Wüste. Da gab es dann auch bereits die ersten Flüche und Problemchen.
Die Entscheidung am frühen Abend dann einen offiziellen Zeltplatz aufzusuchen, fiel niemandem schwer, bedingt durch Anfängerschwierigkeiten und
Konditionserschöpfungen. Das Duschen tat sehr wohl und das Übernachten unter freiem Sternenhimmel, nach üppigem Essen und einem längeren Fussmarsch dorthin, fand Anklang.
Touzeur – irgendwo vor (Douz) 187km
Auf dem Zeltplatz von Touzeur muss ich wohl mein Ersatzschlüssel verloren haben. Ausnahmsweise hatte ich mal was vermisst.
Unterwegs, zu unserer Tagesetappe die Kulisse von Star Wars (Runde 60km), nach einer kurzen Irrfahrt und den ersten richtigen Sandpassagen, wir trafen immer wieder auf Mitreisende von der Fähre, die wie sich herausstellte auch den Einstieg zur Piste suchten, hatte ich meine Premiere im „wie stelle ich mein Motorrad hin ohne den Ständer zu benutzen?“
Ganz selbstverständlich raste ich dem Könner nach. Leider war das nicht gerade das gelbe vom Ei.
Urplötzlich kam ein Abbruch der Düne. Da half nur noch ein fehlgeschlagener Wende-Bremsversuch. Nur gut, dass ich nicht der einzige war, dem das Passierte.
Der zweite LC8 Treiber versenkte seine Maschine zeitgleich und so war es zuerst amüsant, bis zum Freigraben.
Langsam versuchten wir unsere Geräte über den Dünenabriss herunter zu schaffen. Nicht ganz leicht, wie sich herausstellte. Aber wir haben es dann gemeinsam zu fünft geschafft. Nicht lange liess mein zweiter Vergraber auf sich warten. Der routinierte Vorfahrer hatte vielleicht eine miese Stimmung, als er mir abermals half, mein Motorrad wieder frei zu schaufeln. „Fahr der Piste nach. Ich helfe dir nicht noch einmal!“ Meinte er lautstark. Er hatte nicht unrecht. Die Schinderei verlangte enorm viel Kraft und es war ja erst Mittag.
Unglaublich, genau hinter dem Sandhügel meiner letzten Versenkung stand das Gesuchte (im Film Star Wars bekannt als, Planet Tätuin). Noch völlig geschlagen von den Ausgrabungen, suchten wir Schutz unter einem Palmendach, das wie es aussah, extra für die Touristen erbaut wurde.
Nach der Erholung, begutachteten wir das künstlich Erschaffene. Schon irgendwie ergreifend, live vor Ort gewesen zu sein. Wir schossen Fotos um Fotos und staunten nicht schlecht, dass da zu Showzwecken alte Staubsaugerteile und Diaprojektoren verbaut wurden. So etwas? Die Mitreisenden haben es auch geschafft. Ihr „Brummi“ stand auf einmal da. Es gab ein Halalihallo und ein Schwatz. Irgendwann ging es wieder weiter. Ergstes Wellblech, rüttelte uns durch.
Die Entspannung kam mir entgegen. 100km Asphalt bis kurz vor Douz. Verkrampft suchten wir nach einer Nächtigungsmöglichkeit, in der Wildnis.
Da präsentierte sich eine Palmenplantage. Gut, also nochmals Sand, bis wir sie erreichten. Eigentlich waren wir recht müde und wollten nur noch rasten. So dachten wir, dass unser Könner kurz vorfährt und uns Kunde tut, ob das dann auch ginge dort. Wir warteten. Es kam nichts. Schon wieder ein Missverständnis. Wir krochen wieder auf den Sattel und fuhren unserem Vermissten hinter her, natürlich begleitet von Stürzen die unsinnigerweise geschahen, weil wir doch so müde waren. Endlich angekommen, es war wirklich nicht weit aber auf Grund unserer Erschöpfungserscheinungen doppelt so hart, wurde uns unmissverständlich klar gemacht, dass wir unser Lager hier nicht aufschlagen können, da wir die frischen Setzlinge vielleicht beschädigen würden. Wir wollen schliesslich nicht unhöflich sein und folgten der Aufforderung. Auf dem Rückweg wollten wir aber nicht durch die Jeep-Furchen fahren und haben darum den Weg einwenig verlassen, was eben nicht gerade schonend für die neuen Pflanzen waren. Leider konnten wir auf das nicht mehr Rücksicht nehmen. Wir wollten einfach da durch. Einige KM weiter wurden wir fündig. Es galt noch die letzte Hürde zu nehmen. Wir wollten ja ein lauschiges Plätzchen. Ab in die Dünchenlandschaft. Auch hier erschien uns das halt nicht so einfach zu sein. Der Könner segelte über die Sandhügel und wir mühten uns mit zwei drei Vergraber drum herum.
Endlich sind wir am Ort unserer Träume angekommen. Das Zelt bleibt im Sack. Es wurde unterm freien Himmel gepennt, fürs Feuer noch schnell Holz gesammelt und dann sofort etwas gekocht. Ruhe kehrte in unser Lager. Wohlig war umhüllte uns der Schlafsack.
Wir bestaunten das Sternenzelt. Viele hatten es erzählt und versucht zu beschreiben. Der Sonnenuntergang und er Aufgang die Sterne alles war so überwältigend! Da kamen richtig tiefe Gefühle in einem auf. Ich versuche es gar nicht zu beschreiben. Das muss man erlebt haben.
-Douz 100km
Ein ungewöhnlicher Vogelgesang weckte mich recht früh. Er pfiff ganz anders als die unsrigen. Ein Blick aufs Händy verriet mir 7° C. Huch, das war vielleicht kalt! Wir kamen einfach nicht wieder zu Kräften. Die Strapazen, für uns Anfänger, waren einfach zu enorm.
So haben wir uns entschlossen, mal eine längere Pause einzulegen, ein Ruhetag sozusagen. Bis Douz, wo wir einen Zeltplatz anfahren wollten, waren es aber nochmals 100km. Die hätten wir zur Entspannung auch benutzen können. Es war ja alles asphaltiert. Das war uns aber zu langweilig.
Ab und an scherten wir aus und wühlten einwenig auf einem ausgetrockneten Salzsee, der aber feucht war und darum auch einige Tücken aufwies, herum. Als Training konnte das ja nicht schaden?
Unversehrt, glücklich und zufrieden erreichten wir dann den Zeltplatz. Dort stiessen wir wieder auf Freunde von der Fähre. Wir unterhielten uns beim Bier über das Erlebte und das Bevorstehende. Die Zelte wurden errichtet und die Motorräder gewartet. Auch wir taten uns Gutes. Am Abend besuchten wir ein Restaurant in der Nähe, wo wir vom Grill verraucht wurden und „Schischa“ geraucht haben.
Rund um Douz (Sandrosen) 147km
Vor der ersehnten Pause erwartete uns noch ein Tagesausflug. Kurz mal zu den Sandrosen und zurück.
Sagte ich kurz. Wir benötigten für 65km über 7h. Schier endlos kam uns die Strecke mit Fech Fech (sehr weichem Sand) vor.
Etliche Ausgrabungen und nicht endendes Aufstellen unserer Motorräder raubten uns noch die restlichen Kräfte. Ich kam teilweise über meine Grenzen hinweg. Nach 20 Stürzen und 10 Vergrabungen
von mir, habe ich aufgehört zu zählen und das war nur der Hinweg, zurück mussten wir ja auch wieder.
Auf der Strecke fanden wir ein Brunnen mit fliessendem, kaltem Wasser.
Mein Kopf tauchte ich sofort da rein. Tat das gut. Wir machten hier ein Mittagsrast. Dromedare schauten uns dabei zu. Alle hatten eigentlich genug, wollten aber unbedingt unser Tagesziel erreichen. Hopp und los.
Nach weiteren Abwürfen und Einbuddeleien verweigerte auf einmal die Trans Alp unseres Pächvogels ihren Dienst. Zuerst lief sie sehr schlecht und unrund, dann zeitweise gar nicht mehr. Ihr bekam der Sand überhaupt nicht. Wir waren am Ziel, konnten die Sandrosen aber nicht sehen. Erst mal waren wir überwältigt von den riesigen Dünen, die sich wie eine Wand vor uns stellten. Da ging es also richtig los. Vor lauter Sandbergen sahen wir das Korn nicht. Auf der Suche nach dem richtigen GPS-Punkt, richteten sich unsere Blicke zum Boden, und dort waren sie, die Rosen. Wir sammelten einige davon. Aber wo war jetzt unser Unglücksrabe. Weit draussen röchelte ein Motor vor sich hin. Die Maschine machte richtigen Ärger. Voller Besorgnis wollte ihr Besitzer nur noch das Eine. Raus aus der Wüste und zurück in den Norden. Wie dann der Rückzug war, brauche ich nicht wirklich zu erwähnen. Wir kamen voran, stockend aber wir haben es doch noch geschafft.
Beim nächsten Restaurant verweilten wir und übergaben uns der Erschöpfung. Befriedigt zogen wir dann wieder in Richtung Douz zum Auftanken, Reparieren und zur Erholung. Im Lager wurde uns erzählt, dass einige gleichgesinnte den Einstieg gar nicht gefunden haben und andere nach einigen Km aufgegeben haben und ungekehrt seien. Zu weich war der Sand von den vorhergegangenen Sandstürmen. Normalerweise sei die Piste dort hin einfacher zu befahren. Hätten wir das nur früher gewusst. So etwas habe ich noch nie erlebt. Die Sandrosen waren eigentlich nichts Welltbewegendes. Der Aufwand dafür war enorm. Doch die Erfahrung war sehr lehrreich und ich begrüsse sie. Wir waren alle wieder heil da raus gekommen und das war wohl das wichtigste.
Der Ruhetag
Es war ein Tag wie bei bekannten Wüsten Ralis. Reparaturarbeiten an Mensch und Maschine zogen sich über den ganzen Tag hindurch, wie auch der Sandsturm, den wir im Schutze des Zeltplatzes gespürt hatten, und der unsere Gemüter verschlechterte. Denn laut den Einheimischen hällt sich so ein Sturm 2-4 Tage. Unser Lager entzweite sich.
Zum einen die, die noch mehr Sand fahren wollten und zum anderen die, die genug davon hatten. Dank tatkräftigen Mitreisenden (die deutsche Familie) konnte die Transalp wieder hergerichtet werden. Ihr Besitzer blieb aber dabei. Für ihn und seine Maschiene war hier Schluss. Ab da, sollte es wieder in den Norden gehen.
Wir waren uns nicht ganz einig.
Drei harte Kerle wollten quer durch die Wüste zur Oase Ksar Ghilane, zwei weitere wollten auch dort hin aber ohne Sand (Pipeline-Piste) und der Letzte im Bunde entschied sich für den Norden. Bei einem Bier als Dankeschön für die deutsche Wertarbeit und einem heissen Gespräch mit der Gruppe, wurde entschieden, dass allen Wünschen etsprochen werden soll. So war es dann auch.
Douz – Ksar Ghilane 152km
Der Weg zur Oase war zuerst asphaltiert, dann steinig, wellig, bis sogar sandig. Wir hatten wirklich nicht damit gerechnet, dass es noch mal Passagen geben würde, die uns das fortkommen erschwehrten. Und schon lagen wir wieder neben unseren Elefanten. Nur, langsam hatten wir wirklich den Kragen voll damit. Während einem kleinen Zwischenhalt, nach einer temporeichen Fahrt über die Wellblechpiste, verkamen uns die wilden Italos. Sie wollten nur mal schnell runter brettern. Sie erkundigten sich nach unserem Wohlbefinden und boten uns netterweise Wasser und Zigaretten an. Ersteres nahmen wir dankend an. Auf das zweite verzichteten wir dankend. Nicht lange ging es und sie hüpften wieder von dannen. Schnell waren die schon, mit ihren fliegenden Leichtgewichten. Das störte uns aber nicht weiter. Was mich stöhrte und beunruhigte war der sich losfibrierende, gebrochene Lenkerstummel. Schnell das Bordwerkzeug zur Hand und wieder zusammenschrauben. Weiter ging es.
In weiter Ferne erblickten wir einige Stunden später einige Palmen, dann Gebäude und da war sie, die Oase. Jetzt mussten wir nur noch eine Zeltgelegenheit suchen.
Wir fuhren in die Oase herein, bis zum besagten Tümpel. Sofort etblösten wir uns und genossen die Idylle bei Tee und Gesprächen mit gleichgesinnten. Es ging dann auch nicht lange und wir gönnten uns ebenfalls ein Bad. Der Weiher war recht warm. So schön konnten die Ferien sein. Wo ist nur der Rest unserer Truppe geblieben. Schaffen die es noch bis zum Abend? Wir zwei gestrandeten stellten schon mal unser Zelt auf. Da tönte es nach LC8 mit Akrapovic Auspuffanlage ohne Endeinsatz. Wir haben etliche Male aufgeschaut. Da wir nicht die einzigen in der Oase waren, suchten wir aber vergebens. Es wurde immer später. Doch dann kamen sie. Völlig fertig und am Ende ihrer Kräfte. Nach einem guten Nachtessen, wie könnte es anders sein, es gab Spaghetti, suchten wir den Schlaf nicht lange.
Ksar Ghilane – Zammur 150km
Frei nach dem Motto, Morgenstunde hat Gold im Munde, standen wir abermals früh auf, frühstückten reichlich und tankten noch schnell unsere Maschinen auf mit sündhaft teurem Sprit aber an einer wirklich originellen Tankstelle, wenn man dem so sagen darf.
Von der Oase führte eine recht schöne aber raue Schotterpiste in Richtung Chenini, die Stadt, die in den Berg geschlagen ist. Ab und an war die Route noch gezeichnet vom Sandsturm der letzten Tage. Sie war aber gut zu befahren, vermutlich auch weil wir langsam Routine erlangt hatten. Ausser der Armaturen die sich auf einmal selbständig gemacht haben (der Bayer hatte eine Schraube locker und sie dann auch noch verloren), verlief die holprige Fahrt ohne weitere Zwischenfälle.
Nach und nach begann es zu tropfen und sogar leicht zu regnen.
Ein Elefant wollte unbedingt noch die Schwerkraft testeten. Als ob wir das in den letzten Tagen nicht schon genug geübt hatten. Die LC8 warf den Fahrer ab. Nichts weiteres passiert. Sein Reiter stand neben dem Stahlpferd und konnte es noch gar nicht so richtig glauben. In Mitten der Stadt, vor einem Restaurant mit Schaulustigen, bot der Ausländer eine Sonder-Einlage zum Staunen und Schmunzeln für die Einheimischen.
Mit Sturzbügel wären die zurückgebliebenen Kratzer zu vermeiden gewesen. So blieben neben den Materialkratzer auch noch die Kratzer am Ego.
Es ging dann auch recht vorsichtig weiter. Unterwegs trafen wir wieder auf die „deutsche Familie“. Diese war auch dem Unglück ausgesetzt.
Nach einem Sturz einer der ihren, klagte der über unsagbare Schmerzen an der Hand. Mit viel Schmerzmittel flog der dann weiter. Sie wollten noch bis Douz. Wir hingegen setzten unser Weg nach Matmatha fort.
Wegen des Niederungen entschlossen wir uns wieder ein Hotel zu genehmigen. Im schlauen Buch nachgeblättert, fand unser Bayer in den Bergen ein Berber-Hotel.
Schön und gemütlich mit einem wirklich aufgestellten Gastgeber. Nach dem Essen sollst du … oder… Wir rauchten eine Zigarillo und spielten einwenig Didgerido. Da standen auf einmal Einheimische im Raum und bewunderten den seltsamen, für sie
absolut neuen und fremden Klang. Beinahe unfassbar lauschten sie eine Zeit lang und verschwanden dann wieder. Sie antworteten mit Gesang und Trommeln. So war es eine wirklich wohlige und angenehme Stimmung im Lager.
Zammur – Hammamet 420km
Da waren wir nun in Hammamet angekommen nach mehr oder weniger 400km reinem Asphalt.
Was war geschehen? Wir wollten doch nach Matmatha! Auf dem Weg dorthin, sollte es, laut unserem Hotelier, zwei Bachdurchfahrten geben, die es nach so einer Regennacht in sich haben könnten.
Wir wollte nichts riskieren und auch nicht noch weiter im Regen herum fahren. Der nette Mann griff noch zum Handy und fragte bei einem Kumpel an der Küste nach, wie das Wetter dort sei. Gut, trocken, hiess es. Also, auf in den Osten. Die ersten paar Kilometer vom Berberhotel aus waren echt super. Pässe erhitzten unsere Gemüter. Jeep-Touristen sind uns verkommen, die Anlass zur Belustigung gaben.
Das war’s aber auch schon. Es wurde flacher und die Strasse streckte sich. Der Verkehr nahm zu. Sie hatte uns wieder die Zivilisation.
Von Artgerechter Haltung hielten die Tunesier noch immer nicht viel.
An den Strassen in den Dörfern hingen aufgeschlitzte Schafe. Es war Mittwoch. Anscheinend ist das der Tag, an dem geschlachtet wird. Markaber fanden wir auch, dass neben den Blutenden Tieren, angebundene Genossen ihren Kollegen beim Sterben zusehen mussten. Schon nicht gerade die nette, feine Art.
Endlich in Hammamet angekommen, drangen wir ins Touristenviertel vor. Etwas unwohl war uns doch. Nur gut, dass da noch keine Hochsaison war. Wir genehmigten uns ein Hotel der besseren Klasse und liessen es uns vollpensionsmässig gut gehen. Der Indoor-Pool wurde beschlagnahmt und ein Sonnenbad liessen wir auch über uns ergehen.
So gegen Nachmittag stiess unser verlorene Sohn auch wieder zu uns. Er war gesund und munter. Die ganze Truppe war wieder beisammen. Und so flanierten wir die Touristenmaile auf und ab. Es war beinahe wie Ferien.
Hammamat – Tunis – Genua (irgendetwas um 100km)
Alles hat ein Ende! Wir zogen wieder in Richtung Heimat. Noch nicht einmal auf der Fähre und schon wieder Wehmut.
Der Verkehr nach und in Tunis war halsbrecherisch, zumindest für uns Europäer. Es regierte das Gesetz des Stärkeren. Viel zu früh aber sicher waren wir in der Hafenstadt angekommen.
Noch die letzte Tankfüllung und Dinare ausgegeben, dann ging es wieder zurück über den grossen Teich. Natürlich zuerst wieder durch den Zoll. Dort erwartete uns ein zuvorkommender Jüngling, der uns half, die Formalitäten zu erledigen. Wie könnte es auch anderst sein, gegen eine kleine Spende. Wir hatten ja noch genug davon.
Das war vielleicht eine Schaukelei auf der Fähre. Das Meer war sehr unruhig und setzte dem Kahn und den Leuten darin arg zu. Alle Motorradfahrer fürchteten um ihre kostbare Fracht. Wieder einmal konnten wir die Motorräder nur so schlecht als recht anbinden. Da liegen sicher die Maschinen kreuz und quer herum. Geisterte es in unsren diffusen Köpfen herum.
Als es dann endlich soweit war, welch Erstaunen, und wir wieder zu unseren Motorrädern herab durften, stellten wir glücklich fest, dass alle noch gestanden haben und nichts beschädigt war.
Das Ab- und Ausladen hatte längst begonnen und wir waren bereits über dem Zoll, stellten wir fest, dass einige unserer Gruppe den Weg heraus nicht richtig fanden oder so. Wir warteten und liessen, wie sich später herausstellen sollte, kostbare Zeit verstreichen. Sie kamen dann doch noch, unsere Jungs. Als Mitbringsel die vermeintlich vergessenen Turnschuhe unseres Trans Alp Fahrers, der diese aber elegant entsorgen wollte. Das hatte wohl nicht funktioniert. Was der genaue Grund für das verzögerte Ausschiffen unserer Jungs war, ist bis heute noch nicht geklärt.
Da ein SMS einer unserer vierrädrigen Freunde (Zebra und Anhänger). Sie hatte noch die Regenutensilien einiger Wüstenrowdys bei sich. Wie es schien würden wir diese Sachen doch bald brauchen. In Genua schloss sich der Himmel und es begann abermals zu regnen. In der SMS stand, dass unsere Bekannten schon mal vorgefahren sind und wir sie sicher wieder einholen werden. Dem war leider nicht so. Wir hatten uns beeilt. So schnell waren wir aber dann doch nicht. Ein zweites SMS wies darauf hin, dass die Sachen an einer Raststätte hinterlegt wurden. Nur, unsere Wüstlinge waren leider schon ziemlich nass geworden und die Freude darüber, dass es halt noch einige Kilometer gehen würde, bis sie da angekommen sind war nicht wirklich gross. Es ging heimwärts. Die Autobahn und ihre Taxen hatten uns wieder voll im Griff. Wir gasten an. Kurz vor dem eindunkeln rasteten wir das letzte Mal. Nochmals wurde das Gefährt aufgetankt und noch schnell Gummi-Spülhandschuhe gekauft. Es war bitterkalt und regnete unaufhörlich. Ich konnte mich nicht mehr zurück halten, verabschiedete mich und sauste in Richtung San Bernhardino los. Nicht weit gekommen, bemerkte ich, dass das was vom Himmel herab zu Boden gleitete Schnee war. Das hatte mir noch gefehlt. Es war schon dunkel, mit der Crossbrille und ihrer orangen Tönung habe ich ohnehin nicht so viel gesehen und jetzt noch das.
Der Schnee lag über 5cm hoch und die Stollen füllten sich langsam. Die Griffheizung lief auf vollen Touren. Ich schloss mich einem Auto an, dessen Rücklichter mir den Weg wiesen. So gelang es mir, die restlichen Kilometer auch noch hinter mich zu bringen.